Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

2. Spanien. 
21. Jan. Die progressistisch-radicale Partei der Cortes beschließt einstimmig, 
ihren Führer Ruiz Zorilla zu ihrem Candidaten für das Präsidium 
des Hauses zu machen und damit wo möglich eine Entscheidung gegen- 
über dem progressistisch-conservativ-unionistischen Ministerium Sagasta 
herbeizuführen. 
Zorilla erklärt in einer Rede, es sei öffentlich bekannt, daß das Ministerium 
Sagasta beabsichtige, nicht zuerst die Wahl eines Präsidenten auf die Tages- 
ordnung setzen zu lassen, um seinen gegenwärtigen Einfluß in den Cortes durch 
deren Bureau zu bewahren für den Fall, daß die Abstimmung über eine 
andere Frage es nöthigen sollte, seine Enmlassung zu nehmen; man müsse 
daher auf augenblickliche Vornahme der Präsidentenwahl dringen, wozu die 
Ordnung des Hauses genügenden Anhalt biete. „Es wird kein Beschluß ge- 
faßt werden, das verbürge ich euch, ehe die Präsidentenfrage gelöst ist. Ich 
weiß nicht, was die Regierung dann thun wird, denn ich vermag nicht in die 
dunkle Tiefe ihres Gewissens zu schauen; doch wenn aus ihrer Niederlage keine 
Krisis hervorgeht, wenn sie die Gewalt nicht vor den Stufen des Thrones 
niederlegt, der ihr dieselbe übertragen hat, so möge sie im Voraus wissen, 
daß ihr die Mehrheit der Kammern nebst ihren Präsidenten gegenüber stehen 
wird. Wenn dagegen der Monarch uns berufen sollte, um unseren Rath zu 
vernehmen, so werden wir ihm die Wahrheit sagen, die volle Wahrheit. 
Wir müssen diesen Kreis von kleinlichen Nichtswürdigkeiten und Verleumdungen 
durchbrechen, in dem unsere Feinde uns einzuschließen trachten, indem wir zeigen, 
daß wir uns wie immer um den Thron schaaren als sein festestes Bollwerk. 
Werden wir besiegt, so laßt uns ohne uns zu ereifern, ohne zu Überstürzen 
und ohne Übereilte Verabredungen zu treffen, die unberechenbare Folgen haben 
könnten, unsere Partei zusammen berufen und das Geeignete beschließen. Ohne 
irgendwie den hohen Gerechtsamen der Krone zu nahe zu treten, glauben wir, 
daß die progressistisch-democratische Partei ein Anrecht hat, die Geschicke unseres 
Vaterlandes zu leiten. Wenn wir uns irren, wenn die Regierung nicht un- 
seren Händen anvertraut wird, wenn wir nicht berufen werden, die Politik 
durchzuführen, deren das Land nach unserer Meinung bedarf, so ist wenig 
daran gelegen; wir werden dann zu den Wahlversammlungen gehen, uns ent- 
schlossen in den gesetzlichen Kampf stürzen, und früher oder später wird der 
Triumph unser sein. Wenn man uns bei den Wahlen Hindernisse in den 
Weg legt, wenn wir die vollkommene Ueberzeugung gewinnen, daß es unmög- 
lich und unsinnig ist, gegen Ungesetzlichkeiten und Gewalthtätigkeiten zu kämpfen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.