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Das deutsche Reich und seine einzelnen Elieder. 37
. Jan. (Preußen.) Der Cultusminister v. Mühler gibt gegenüber dem
wider ihn im Abg.-Hause vorbereiteten allgemeinen Sturm sein Ent-
lassungsgesuch ein. Derselbe wankt endlich wirklich.
„ (Preußen.) Das Kriegsministerium räumt den Altkatholiken in
Köln die staatliches Eigenthum bildende Garnisonskirche, in welcher
der evangelische und der katholische Militärgottesdienst stattfindet, zur
Abhaltung auch ihres Gottesdienstes ein. Der Feldpropst (sog. Armece-
bischof) Namszanowski befiehlt dem Divisionspfarrer Lünemann in Köln,
den katholischen Garnisonsgottesdienst an dem Tage einzustellen, an
welchem die altkatholische Gemeinde ihren Gottesdienst in der Garnisons-
kirche wirklich abhalte.
. (Preußen.) Abg.-Haus: Für den Fall, daß der Cultusminister
v. Mühler der ersten Verlesung des Schulaufsichtsgesetzesentwurfs doch
noch beiwohnen sollte, beschließen die Vertrauensmänner aller liberalen
Fractionen des Hauses einstimmig folgende Mißtrauensresolution gegen
denselben, nachdem eine auf dasselbe Ziel hinauslaufende des freicon-
servativen Abg. Graf Bethusy-Huc als „zu stark“ von ihnen abge-
lehnt worden war:
"„In Erwägung, daß der vorliegende Gesetzentwurf mit der Durchführung
des der Verfassung entsprechenden Grundsatzes der Staatsaussicht über alle
Unterrichts= und Erziehungsanstalten der ausführenden Verwaltung sehr aus-
gedehnte Befugnisse Überweist, daß aber die bisherige Amtsführung des jetzigen
Herrn Cultusministers keine Gewähr der angemessenen und unbefangenen Hand-
habung einer so bedeutenden Gewalt bietet, daß daher eine sorgfältige Erwä-
Kung der in das Gesetz aufzunehmenden Garantien erforderlich erscheint, wolle
das Abgeordnetenhaus beschließen, den Gesetzentwurf zur Vorberathung an eine
besondere Commission von 14 Mitgliedern zu verweisen."“
„ (Bayern.) In Regensburg, dem Sitz der Jesuiten in Bayern,
findet eine großartige Altkatholikenversammlung statt,
die schon seit mehreren Wochen die Einwohnerschaft in nicht geringe Aufregung
versetzt halte. Es nehmen daran gegen 6000 Personen Theil, obgleich am
Tage vorher im kath. Casino eine zahlreiche Versammlung der ultramontanen
Elemente vor dem Besuche dringend abgemahnt hatte und dasselbe noch am
Morgen von der Domkanzel aus geschehen war. Sämmtliche Redner werden
mit Beifall überschüttet und die Versammlung verläuft ohne jegliche Störung.
„ (Preußen.) Abg.-Haus: Berathung des Etats des auswärtigen
Ministeriums für 1873.
Löwe spricht gegen die Aversionalsumme von 30,000 Thlrn. Fürst
Bismarck betont die Nothwendigkeit der preußischen Gesandten an den deut-
schen Höfen. Dieselben hätten die wichtige Aufgabe zu erfüllen, die Stimmung
der Bundesregierungen gegenüber den im Bundesrathe beantragten Maßregeln
zu erforschen und etwaigen Mißstimmungen gegen dieselben zu begegnen. Es
handle sich hiebei auch um die Auffassungen der Landtage: indeß sei er weit
entfernt von der grundfalschen Theorie, daß das Votum der Vertreter der
Bundesstaaten von der Zustimmung der Partikularlandtage abhänge. Der
Militärbevollmächtigte in München sei ein Hilfsbeamter der dortigen Gesandt-
schaft, der auf militärischem Gebiete dasselbe zu erreichen suche, was der Ge-
sandte auf politischem Gebiete. Die Position wird hierauf mit großer Mehr-
heit angenommen. ·