Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Das deutsche Reich und seine einzelnen Elieder. 37 
. Jan. (Preußen.) Der Cultusminister v. Mühler gibt gegenüber dem 
wider ihn im Abg.-Hause vorbereiteten allgemeinen Sturm sein Ent- 
lassungsgesuch ein. Derselbe wankt endlich wirklich. 
„ (Preußen.) Das Kriegsministerium räumt den Altkatholiken in 
Köln die staatliches Eigenthum bildende Garnisonskirche, in welcher 
der evangelische und der katholische Militärgottesdienst stattfindet, zur 
Abhaltung auch ihres Gottesdienstes ein. Der Feldpropst (sog. Armece- 
bischof) Namszanowski befiehlt dem Divisionspfarrer Lünemann in Köln, 
den katholischen Garnisonsgottesdienst an dem Tage einzustellen, an 
welchem die altkatholische Gemeinde ihren Gottesdienst in der Garnisons- 
kirche wirklich abhalte. 
. (Preußen.) Abg.-Haus: Für den Fall, daß der Cultusminister 
v. Mühler der ersten Verlesung des Schulaufsichtsgesetzesentwurfs doch 
noch beiwohnen sollte, beschließen die Vertrauensmänner aller liberalen 
Fractionen des Hauses einstimmig folgende Mißtrauensresolution gegen 
denselben, nachdem eine auf dasselbe Ziel hinauslaufende des freicon- 
servativen Abg. Graf Bethusy-Huc als „zu stark“ von ihnen abge- 
lehnt worden war: 
"„In Erwägung, daß der vorliegende Gesetzentwurf mit der Durchführung 
des der Verfassung entsprechenden Grundsatzes der Staatsaussicht über alle 
Unterrichts= und Erziehungsanstalten der ausführenden Verwaltung sehr aus- 
gedehnte Befugnisse Überweist, daß aber die bisherige Amtsführung des jetzigen 
Herrn Cultusministers keine Gewähr der angemessenen und unbefangenen Hand- 
habung einer so bedeutenden Gewalt bietet, daß daher eine sorgfältige Erwä- 
Kung der in das Gesetz aufzunehmenden Garantien erforderlich erscheint, wolle 
das Abgeordnetenhaus beschließen, den Gesetzentwurf zur Vorberathung an eine 
besondere Commission von 14 Mitgliedern zu verweisen."“ 
„ (Bayern.) In Regensburg, dem Sitz der Jesuiten in Bayern, 
findet eine großartige Altkatholikenversammlung statt, 
die schon seit mehreren Wochen die Einwohnerschaft in nicht geringe Aufregung 
versetzt halte. Es nehmen daran gegen 6000 Personen Theil, obgleich am 
Tage vorher im kath. Casino eine zahlreiche Versammlung der ultramontanen 
Elemente vor dem Besuche dringend abgemahnt hatte und dasselbe noch am 
Morgen von der Domkanzel aus geschehen war. Sämmtliche Redner werden 
mit Beifall überschüttet und die Versammlung verläuft ohne jegliche Störung. 
„ (Preußen.) Abg.-Haus: Berathung des Etats des auswärtigen 
Ministeriums für 1873. 
Löwe spricht gegen die Aversionalsumme von 30,000 Thlrn. Fürst 
Bismarck betont die Nothwendigkeit der preußischen Gesandten an den deut- 
schen Höfen. Dieselben hätten die wichtige Aufgabe zu erfüllen, die Stimmung 
der Bundesregierungen gegenüber den im Bundesrathe beantragten Maßregeln 
zu erforschen und etwaigen Mißstimmungen gegen dieselben zu begegnen. Es 
handle sich hiebei auch um die Auffassungen der Landtage: indeß sei er weit 
entfernt von der grundfalschen Theorie, daß das Votum der Vertreter der 
Bundesstaaten von der Zustimmung der Partikularlandtage abhänge. Der 
Militärbevollmächtigte in München sei ein Hilfsbeamter der dortigen Gesandt- 
schaft, der auf militärischem Gebiete dasselbe zu erreichen suche, was der Ge- 
sandte auf politischem Gebiete. Die Position wird hierauf mit großer Mehr- 
heit angenommen. ·
	        
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