Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

110 Das deulsche Reich und seine einjelnen Slieder. (April 17—19.) 
keit gegen die feindlichen Angriffe der Hierarchie zu sorgen. Ehe wir in 
unsere Heimath zurückkehren, richten wir au alle freisinnigen und reichstreuen 
Männer des Landes, an Alle, denen es Ernst ist mit der Aufrechthaltung 
von Gese und Recht, gemeinsam den Mahnruf, angesichts der nahenden Neu- 
wahlen zum Landiag) sich eng an einander zu schließen und die ganze Kraft 
einzuseten in dem schweren Kampfe gegen die Feinde des Reiches und des 
Staates, mögen diese für ihre Bestrebungen die Religion aribrauchn. ober 
die Grundlagen der bürgerlichen Ordnung und Sitte durch Wort und That 
untergraben. Gehen wir überall und immer in Eintracht vorwäris, und 
blicken wir fest und unverwandt auf unser leuchtendes Ziel — das Wohl 
des Vaterlandes!“ 
I7. April. (Baden.) Das Oberhofsgericht bestätigt die von 
der ersten Instanz gegen den Bisthumsverweser Kübel wegen gesetz- 
widriger Uebertragung von Vicariaten an sog. Neupriester, die sich 
der Staatsprüfung nicht unterzogen haben, ausgesprochene Strafe 
von 500 Mark oder 10 Wochen Gefängniß, seßt dagegen die über 
einen solchen Neupriester verhängte Strase von 4800 Mark oder 10 
Monaten Gefängniß auf 90 Mark oder 12 Wochen Gefängniß herab. 
18. April. (Deutsches Reich.) Die Blätter wollen wissen, 
daß Oesterreich und Rußland die Forderungen des deutschen Reichs 
bei der belgischen Regierung ihrerseits unterstützten. 
18. April. (Preußen.) Der Kaiser geht nach Wiesbaden, 
ohne noch zu der ihm vom Staatsministerium in Vorschlag gebrach- 
ten Aufhebung aller Klöster in Preußen seine Zustimmung gegeben 
zu haben, da er gegen die Maßregel in dieser Ausdehnung Beden- 
ken hegt. 
19. April. (Deutsches Neich.) Der deutsche Gesandte am 
Hofe des Königs von Italien überreicht demselben ein eigenhändiges 
Schreiben des Kaisers, in welchem dieser seinem Bedauern Ausdruck 
gibt, daß es ihm z. Z. noch nicht möglich war, den längst beab- 
sichtigten Besuch am italienischen Hofe auszuführen, zugleich aber 
die Hoffnung ausspricht, daß es ihm im Laufe dieses Jahres doch 
noch vergönnt fsein werde, und seine lebhafte Theilnahme an der 
jüngst stattgefundenen Zusammenkunft des Königs von Italien mit 
dem Kaiser von Oesterreich in Venedig bekundet. 
19. April. (Preußen.) Abg.-Haus: Dritte Lesung der Vor- 
lage betr. Aufhebung der Artikel 15, 16 und 18 der Verfassung. 
Windthorst-Meppen bekämpt die Maßregel nochmals in zweistündiger 
Rede, die dahin schließt, daß auch er den Frieden wünsche, und daß 
er ihn für erreichbar halte, wenn man mit der Curie unterhandle, 
die Maigesetze revidire und die Trennung zwischen Staat und Kirche
	        
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