Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

Das deutsche Reich und seine einjelnen Slieder. (April 2224.) 113 
aus Staatsmitteln, so wie der Verwaltungsexecution in dem früheren Umfange 
wieder ein. Der Minister der geistlichen Angelegenheilen ist ermöchligt, schon 
nach erfolgler Einleitung des Verfahrens die Einstellung der Leistungen zu 
verfügen. Endet das Verfahren mit Freisprechung, so sind die in Folge der 
Verfügung einbehallenen Beträge nachzuzahlen. § 14. Zuständig zur Ver- 
handlung und Entscheidung ist der Königliche Gerichtshof für kirchliche An- 
gelegenheiten. Das Verfahren vor demselben regelt sich nach den Bestimmnn-= 
gen des Abschnitts III des Gesetzes vom 12. Mai 1873 über die kirchliche 
Disciplinargewatt und die Errichtung des KAmiglcchrn Gerichtshofs für kirch- 
liche Angelegenheiten (Geseh-Sammlung Seite 19 §* 15. Wer Amtshand- 
lungen vornimmt, nachdem er in Gemähheit 5r 8 12 dieses Geseyes aus 
seinem Amt entlassen worden ist, wird mit Geldbuße bis zu 300 Mark, im 
Wiederholungssalle bis zu 3000 Mark bestraft. 
22. April. (Preußen.) Der Weihbischof Cybichowski von 
Gnesen wird wegen Ausübung bischöflicher Rechte, während der erz- 
bischöfliche Stuhl staatlicher Seits für erledigt erklärt ist, gerichtlich 
zu 9 Monat Gefängniß verurtheilt. 
22. April. (Elsaß-Lothringen.) Die Negierung erklärt dem 
Bischof von Metz, daß die fernere Lehrthätigkeit derjenigen Professoren 
an seinem sog. kleinen Seminare, welche dem Orden von St. Sul- 
pice angehören (es sind deren 7), einzustellen sei. 
23. April. (Preußen.) Dem seines Amtes entsetzten Bischof 
Martin von Paderborn wird, nachdem er seine zweimonatliche Fe- 
stungshaft abgebüßt hat, die Stadt Wesel zum Aufenthaltsort an- 
gewiesen. 
23. April. (Württemberg.) Der Papst ernennt das Haupt 
der ultramontanen Partei in Württemberg, den Antagonisten des 
gemäßigten und friedlichen Bischofs Hesele, Stadtpfarrer Schwarz 
in Ellwangen, zum päpstlichen Hausprälaten. Die Ernennung ist 
offenbar ein Schlag in's Gesicht des Bischofs. Der Papst zeigt da- 
durch neuerdings, daß er seit dem Vaticanum die Bischöfe lediglich 
als seine willenlosen Werkzeuge ansieht und angesehen wissen will. 
21.—27. April. (Preußen.) Abg.-Haus: Zweite Lesung der 
Vorlage betr. Vermögensverwaltung der katholischen Kirchengemein- 
den. Gneist erstattet den Commissionsbericht: 
Der Gesetzentwurf, welcher nach der Commissionsfassung am 1. Oktober 
d. J. in Wirksamkeit treten soll, überträgt in den katholischen Pfarrgemeinden 
die Verwaltung des Kirchenvermögens dem Kirchenvorstande und der Gemeinde- 
vertretung, worunter natürlich stets nur die in diesem Gesetze gemeinte Vertre- 
tung der Kirchengemeinde zu verstehen ist. Zum Kirchenvermögen im Sinne 
dieses Gesetzes gehören: 1) das für Cultusbedürfnisse bestimmte Vermögen, ein- 
schließlich des Rirchen= und Pfarrhaus-Baufonds und der zur Besoldung der 
Geistlichen und anderer RKirchendiener bestimmten Vermögensstücke; 2) die zu 
anderen kirchlichen, zu wohllhätigen oder Schulzwecken bestimmten kirchlichen 
Vermögensstücke; 3) (eine wichtige Neuerung) die Erträge der durch kirchliche 
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