Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

6 Allgemeine Chronik. 
 
der Kirche für die Alllatholiken. Die Römischen weisen jedes Arran- 
 gement ihrerseits zurück. 
21. Febr.  [Schweiz: Tessin.] Allgemeine Erneuerungswahlen zum Großen 
 Rathe: Die Ultramontanen erringen einen entschiedenen Sieg; diesel- 
ben werden im neuen Gr. Rath 67, die Liberalen nur 47 Stimmen 
zählen. 
22. "  " [Deutschland: Preußen.] Der [altkatholische] Abg. Petri bringt 
einen Gesetzesentwurf ein, der den Altkatholiken dieselben Rechte an 
dem katholischen Kirchenvermögen sichern will, wie in Baden. 
"  "  [England.] Unterhaus: beschließt mit 282 gegen 135 Stimmen, 
den Stellentausch der Offiziere in der Armee wieder zuzulassen. 
Schweiz: Bern.] Die Regierung gesteht den Altkathliken der 
Stadt Bern den Mitgebrauch der dorligen katholischen Kirche zu. 
Der Pfarrer muß jedoch zur Auslieferung eines Schlüffels zur Kirche 
förmlich gezwungen werden, und die Römischen verzichten auf die 
Kirche nunmehr gänzlich. 
.—24. "  " [Frankreich.] Nat.-Versammlung: Das Senatsgesetz wird nach 
dem Compromiß zwischen dem linken und dem rechten Centrum mit 
448 gegen 241 Stimmen angenommen. Die frühere Majorität ist 
entgültig zur Minorität geworden. Mac Mahon beauftragt nunmehr 
den Präsidenten der Nat.-Versammlung, Buffet, mit der Bildung des 
neuen Cabinets. 
24. [Schweden.] Reichstag: Die erste gemeinsame Abstimmung beider 
Kammern ergibt eine Mojorität der sogen. Bauernpartei von 14 
Stimmen. 
25. "  " [Italien.] Der Senat entscheidet sich gelegentlich der Berathung 
eines einheitlichen Strafgesetzbuchs für Beibehaltung, resp. bezüglich 
Toscana's für Wiedereinführung der Todesstrafe, namentlich mit Rück- 
sicht auf die Zustände in Sicillen. 
26. "  " [Deutschland: Mecklenburg.] Landtag: Die Reform der Verfassung 
scheitert neuerdings an dem Widerstande der Ritterschaft. 
"  " [Belgien — Deutschland] lehnt die Zumuthung Deutschlands 
betr. Ausfüllung der Lücke in seiner Gesetzgebung bezüglich des Falls 
Duchesne ab, bis andere europäische Staaten ihm darin vorangegan- 
gen sein würden. 
28. "  "  [Oesterreich-Ungarn: Ungarn.] Das Coalitionsminsterium kommt 
nach längern Unterhandlungen endlich zu Stande. Baron Wenkheim 
von der Deakpartei übernimmt das Präsidium, Tisza, der bisherige 
Führer der Linken, tritt als Minister des Innern und als die Seele 
des Ganzen in dasselbe ein. 
Anf. März. [Deutschland — Italien.] Deutschland verlangt in Folge 
der päpstlichen Bulle vom 5. Febr. von Italien eine schärfere Hand- 
habung  des Garantiegesetzes. Die öffentliche Meinung Ilaliens er- 
klärt sich  
jedoch wenig geneigt, dem Begehren zu  entsprechen. 
1."  " [Rußland]  verweigert dem päpstlichen Jubileumserlaß  das Placet. 
2."  " [Oesterreich-Ungarn: Ungarn.] Abg.-Haus: Die bisherige Deak- 
partei und die bisherige  Linie beschließen  sich zu fusioniren. Die 
(conservative) Partei Sennyey tritt der Fusion nicht bei und ebenso 
wenig die äußerste Linke. Die Leitung des Unterhauses ist entschieden 
auf Tisza und die bisherige Linke übergegangen. 
3. "  " [Schweden.] II. Kammer: lehnt den Antrag der Regierung auf 
Abänderung des Art. 80 der Verfassung ab. Beide Kammern neh- 
men dagegen den Antrag in der vorjährigen Fassung neuerdings an. 

	        
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