Das deutsche Reich und seine einjelnen Slieder. (April 30.) 117
dagegen nur mit ö5 gegen 20 Stimmen. Die Vewilligung erscheint
als eine Art Vertrauensvotum für den Minister v. Mittnacht.
30. April. (Deutsches Reich.) Die neu erstellten Fluß—
kanonenboote „Rhein“ und „Mosel“ kehren von einer Probefahrt
bis Straßburg wieder in ihre Station Cobleng zurück.
Die Frage einer wirksamen Flußwertheidigung miltels derartiger
Kriegsfahrzeuge, vorzugsweise die Deckung der zeilweise den Operationen der
Truppen und dem Schutz der Festungen eutzogenen Punkte der Ufer, sowie
die der Verhinderung militärischer Operationen und Anstalten des Feindes
auf dem Flusse jelbst sollen durch diese erste Probefahrt der äußerst zweck-
mäßig gebauten Fahrzenge günstig gelöst sein.
30. April. (Preußen.) Der Kaiser gibt endlich zur Ein-
bringung einer Vorlage an den Landtag betr. Aufhebung der Klöster
im ganzen Umfsange der Monarchie mit einigen Ermäßigungen resp.
Ausnahmen, namentlich bezüglich des Ordens der barmherzigen
Schwestern, seine Einwilligung.
30. April. (Rreußen.) Abg.-Haus: genehmigt die von der
Regierung zugleich mit derjeuigen über die Reorganisation der Pro-
vinciallandtage eingebrachte Vorlage bekr. Organisation von Ver-
waltungsgerichten in den 6 östlichen Provingen der Monarchie.
Das Geseh im Ganzen ist ein unlaͤugbarer Fortschritt. Es werden
damit de streitigen Verwalkungssachen in drei Instanzen der Eutscheidung
unabhängiger Behörden (Kriesausschuß, Provincialverwaltungsgericht und
Oberverwaltungsgericht) unterbreilet; den Enticheidungen gehen öffentliche und
mündliche Verhandlungen vorher. In der Kreisordnung fehlte noch die oberste
Instanz, welche jeßt nach Art des Obertribunals gebildet werden soll. Nach
der Kreisordnung bestanden die Provincialverwaltungsgerichte aus dem Re-
gierungspräsidenten, bzw. dessen Stellvertreter, einem richterlichen Mitglied
im Nebenamt und drei vom Provinciallandtag gewählten Laien. Der Re-
gierungspräsident wird jetzt durch einen ständigen unabhängigen Direktor er-
setz.; auch das richterliche Mitglied soll, sobald sich die Geschäfte entsprechend
vermehren, seine Stelle als Hauptamt erhalten. Die Einrichtung einer be-
sonderen. zur Verfügung des Ministers des Innern und des eierunge=
präsidenten stehenden Slaatsanwaltschaft bei den mitlleren und oberen
richten ist von Commission und Plenum abgelehnt worden. Die Verwal-
tungsjustiz nach Maßgabe dieses Gelehen wird Junächst nur praktisch in den
fünf Provinzen der Kreisordnung, auch hier aber bis zum Erlaß einer neuen
Städteordnung mit Ausnahme der Soltkrreife und mit Ausschluß der com-
munalen Angelegenheiten in den übrigen Städten. Competenzstreitigkeiten
zwischen Verwaltungsgerichten und Verwaltung entscheidet das Oberverwal-
tungsgericht. Die Commission wollte bei dieser Gelegenheit auch von einer
anderen Seite Bresche legen in den Competenzconfliktsgerichtshof, eine Insti=
tution, welche insbesondere in den 50er Jahren und in der Coufliktszeit
Gegenstand vielen Aergernisses geworden ist. Nach dem Commissionsvorschlag
sollle dieser Gerichtshof nur übrig bleiben für Conflikte zwischen Verwaltung.
und ordentlichen Gerichten, nicht auch für Conflikte zwischen ordentlichen Ge-
richten und Verwaltungsgerichten. Der Justizminister erklärt sich jedoch da-
gegen und das Haus gibl nach. Mit der zunehmenden AMengstlichleit des