118 Das beutsche Reich und seine einselnen Elleder. (April 30.)
Hauses, das Ministerium könnte die neuen Verwaltungsgesehe scheitern lassen,
wächst augenfällig die Abneigung des Ministeriums zu irgend welchen Con-
zessionen an das Haus.
— April. (Deutsches Reich.) Während des ganzen Monats
hat die Krisis begüglich einer angeblichen Bedrohung des allgemeinen
Friedens die gesammte europäische und nicht zum wenigsten die deutsche
Presse in Thätigkeit gehalten, ohne daß die öffentliche Meinung da-
raus klug geworden wäre, wer denn eigentlich den Frieden wirklich
bedrohe. Allmälig scheint man sich indeß zu der Ueberzeugung hin-
zuneigen, daß die Veunruhigung der deutschen Regierung über die
Ueberstürzung der Reorganisation seiner Armee Seitens Frankreichs
durch sein neues Cadresgesetz dazu den ersten Anstoß gegeben hat und
daß dann die französische Diplomatie die Differenz zwischen dem
deutschen Reich und Belgien benützt habe und noch benütze, um
Deutschland zu verdächtigen und eine wirklich großartige Intrigue
gegen dasselbe an den verschiedenen Höfen in's Werk zu setzen und
in der Presse auf's eifrigste zu schüren.
30. April. (Deutsches Neich.) Belgien beantwortet die
deutsche Note vom 15. d. M. im Wesentlichen dahin, daß bez. des
Falls Duchesne und der zugestandenen dießfälligen Lücke in seiner
Gesetzgebung die belgische Regierung seiner Zeit „die Bestimmungen
prüfen werde, welche in Deutschland und anderswo angenommen
werden würden“, um dieselbe Lücke auch in ihren Strafgesetzgebungen
ausgufüllen. Die officiöse Presse erklärt diese Antwort für eine reine
Ausflucht.
— April. (Deutsches Reich.) Der seit dem Ende des Krieges
unternommene großartige Ausbau der Festung Metz ist wesentlich
bereits zu Ende geführt. Deutschland kann nach dieser Seite hin
Frankreich gegenüber ruhig fein. #
— April. (Preußen.) Die Lage der katholischen Geistlichen
in der Provinz Posen, welche überwiegend der polnischen Nationa-
lität angehören, wird eine immer bedenklichere und schwierigere.
Nur wenige von ihnen haben den Muth, sich auf die Seile des
Staates zu stellen und die Kirchengesetze von 1873 und 1874 anzuerkennen;
sie werden in ihren Stellungen zwar vom Staate geschutzt, müssen aber da-
mit büßen, daß sie in ihren Gemeinden wie geächtet dastehen und sogar In-
sulten ausgeseßt sind, wie es z. B. den Pröpsten Kubeczal in Kions und
Kick in Kähme ergangen ist. Einen andern freisinnigen Propst. Namens
Welnitz in Kosten, ließ die Gemeinde am ersten Oslerfeierlage, als er in der
Kirche predigle, fast gar nicht zu Worte kommen, indem andauernd absicht-
lich gehnstet wurde, so daß er sich schließlich genöthigt sah, die Kanzel zu
verlassen. Die überwiegende Mehrheit der Geisllichen gehorcht den Weisungen