Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

Allgemeine Chronik. 9 
27. März. [Schweiz.] Der Bundesrath beschließt, die Regierung von Bern 
bez. der Ausweisung der renitenten katholischen Geistlichen des Jura 
 zu einläßlicher Berichterstattung aufzufordern. 
29. "  " [Deutschland: Preußen.] Der Oberpräsident  von Schlesien fordert 
den Fürstbischof von Breslau auf, sein Amt freiwillig niederzulegen. 
 "  "   [Frankreich.] Nat.-Versammlung vertagt sich bis zum 11. Mai. 
Die drei Gruppen der Linken haben sich fest verständigt, zusammen 
zu halten, um so bald wie möglich die Auflösung der  Versammlung 
und Neuwahlen zu erzielen. Zu diesem Ende hin ist auch Gambetta 
zu den äußersten Concessionen an konservativere Anschauungen bereit 
und entschlossen. 
30. "  "   [Türkei: Rumänien.] Schluß der Kammersession und der vierjäh- 
rigen Legislaturperiode. Es ist das erste Mal, daß die letztere ihr 
verfassungsmäßiges Ende erreicht hat, ohne daß die Kammern aufgelöst 
worden wären und zugleich das erste Mal, daß ein und dasselbe Mi- 
nisterium  die  Dauer einer Legislaturperiode überlebte. 
31. "  " — 2. April. [Deutschland: Preußen.] Der preusische Episcopat be- 
schließt  in Fulda  eine    Immediateingabe an den König gegen das sog. 
Sperrgesetz. Das Staatsministerium lehnt dieselbe im Auftrag des 
Königs knapp und scharf ab. 
"  "  [Deutschland: Elsaß-Lothringen.]  Die Rekrutirung von 1875 er- 
gibt in den Reichslanden bereits ein wesentlich besseres Resultat als 
im Jahre vorher. 
"  " [Frankreich.]  Die ultramontane Agitation tritt wieder mit Pro- 
cessionen, Wahlfahrten und dgl. in den Vordergrund. 
"  " [Türkei.] Die finanziellen Zustände der Türkei erregen mehr und 
mehr das öffentliche Interesse Europas. Die regelmäßigen Einnahmen 
werden durch die gewaltigen und stets wachsenden Interessen der Staats- 
schuld und die  Civilliste  des Sultans fast vollständig verschlungen, so 
daß für die eigentliche Staalsverwaltung im Grunde gar nichts übrig 
bleibt und diese nur mittelst jährlicher neuer Anlehen fortgeführt 
werden kann. Die Gehälter der Beamteten und der Sold der Truppen 
ist bereits um viele Monate im Rückstand. Ein solcher Zustand ist 
absolut unhaltbar und die Ueberzeugung beginnt immer allgemeiner 
zu werden, daß die Türkei an ihren Finanzen zu Grunde gehen werde. 
1. April. [Schweiz: Bern.] Gr. Ralh: Scheint nicht gewillt, die Aus- 
weisung der renitenten römisch-katholischen Geistlichen aufzuheben, viel- 
mehr geneigt, die Sache wenigstens auf die lange Bank zu schieben, 
indem er mit 153 gegen 20 Stimmen die Erwartung ausspricht, daß 
die Regierung die staatlichen Hoheitsrechte auch fernerhin in ge- 
treuer Ausführung der verfassungsmäßigen Bestimmungen festhalten 
werde. 
 
 
 
Anf.- " " [Türkei:  Herzegowina.] Aus der Herzegowina und dem nördlichen 
Albanien kommen schwere Klagen über Verfolgungen der Christen 
durch die eingeborenen muselmännischen Begs, wobei die türkische 
Regierung auf Seite der letzteren stehe. Eine Anzahl waffenfähiger 
Männer flüchtet nach Montenegro. 
5. "  "  [Deutschland.] Ein Allarmartikel der „Köln. Ztg.",  aus Wien er- 
örtert die Möglichkeit eines Sturzes Andrassy's und eine Allianz des 
Vaticans mit Oesterreich, Frankreich und Italien gegen Deutschland. 
5. "  "  [Deutschland: Elsaß-Lothringen.]  Die Wahlen der Bezirkstage 
zum neuen Landesausschuß fallen fast durchgängig in gemäßigtem 
Sinne aus. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.