Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

154 Hos beuische Reich und seine cinfelnen Slieder. (Juli 17.) 
dafür von dem Bischof von Würgburg gemaßregelt. Der Gemaß- 
regelte wendet sich jedoch um Schutz in seinen staatsbürgerlichen 
Rechten an die Staatsregierung. 
Tie diesfälligen Aktenstücke lauten: I. „Es muß anerkonnt werden 
und wird hiemit ausdrücklich anerkannt, daß ein Stoatsbürger über die Art 
der Ausübung seines slaatsbürgerlichen Wahlrechts von keiner Seite, also- 
auch nicht von seiner vorgesetzten Behörde, zur Rechenschaft oder Verantwor- 
tung gezogen werden darf. Wenn aber Jemand, z. B. ein Katholik oder 
ein Priester, vermöge besonderen Vertrauens von Seite der Kirche mit be- 
sonderen Funktionen oder Verrichtungen betraut worden ist, wie dies beie 
Ern. Capitular Melchior Hohn der Fall ist, der von seinen kirchlichen Oberm 
zur Theilnahme an den Berathungen über die kirchlichen Interessen aus Ver- 
trauen berufen wurde, dann entsteht aus diesem besonderen Titel für die be- 
trefsende Oberbehörde das Recht und die Pflicht, in Ausübung der heiligsten 
Amtspflicht darüber zu wachen, ne auid detrimemi respublica capiat, die 
Aufmerksamkeit auf Alles zu lenlen, was eventuell die amtliche Ueberzeugung 
von der Fortdauer dieses nöthigen Vertrauens oder dessen Mangel beeinflufsen 
lann. Temgemäß wird anmit Hr. Domcapitular M. Hohn aufgefordert, 
binnen drei Tagen sich anher bestimmt zu erklären, welche Parteistellung er 
aus Anlaß der Wahl vom 15. Juli l. J. eingenommen habe, resp. ob die 
ihm gur Last gelegte faktische Manifestation seiner Parteistellung und Grund- 
sätze am Wahltage wirklich vorhanden sei oder nicht. Würzburg, 17. Juli 
1875. Bischöfliches Ordinariat. Lochner, Generalbicar.“ 
Tie Antwort des Adressaten ist entschieden ablehnend, und es ergeht 
darauf folgende Entschließung: II. „Seine bischöflichen Gnaden haben, unter 
der vollsten und ungetheiltesten Zustimmung der sämmtlichen Räthe des bi- 
schöflichen Ordinariats und Consistoriums beschlossen, bis auf Weiteres der 
Dienste und Mitwirkung des Hrn. Domcapitulars M. Hohn in der Ver- 
waltung der Diöcese sich nicht zu bedienen, was demselben andurch zur Dar- 
nachachtung mitgetheilt wird. Würzburg, 22. Juli 1875. Bischöfliches Or- 
dinariat. Lochner, Generalvicar.“ 
Die Bedeutung der bischöflichen Wahlhirtenbriefe als geistlicher 
Zwangsmittel gegenüber den Gläubigen ist durch diesen Vorgang 
außer allen Zweifel gestellt; von Wahlfreiheit kann demnach auf 
Seite der Ultramontanen nicht mehr die Rede sein. 
17. Juli. (Elsaß-Lothringen.) Schluß der ersten Sesfion 
des Landesausschusses. Die Verhandlungen desselben, die vollständig 
gedriuckt werden sollen, sind im Ganzen sehr befriedigend ausgefallen. 
auptaufgabe desselben war die gutachtliche Durchberathung 
Di 
dese Lanbeesbudgets für 1876. 
Bezüglich dieses Budgets wurden mancherlei Wünsche laut. So wurde 
bei Etat für den öffentlichen Unterricht mit Einstimmigkeit der Antrag ge- 
teim daß der französische upechuntercht in sämmtlichen Schulen in dem- 
I#. fange, wie der Unterricht in der hiutichen Sprache vor dem Kriege, 
tät Straßburg wurde ange- 
* 1 
erlbers un werden sollte. Der Etat der Unive 
n ngef i h mit der Modifikation, daß wenn das Reich beabsichtige, an der 
omnrert-: de zweier Vänder eine so luxuriöse Hochschule zu unterhalten, das- 
seneng einen Theil der Kosten mit etwa 400,000 Mk. tragen sollte. Das 
be #1½, ubget setzte die Regierung trotz verschiedener Vorschläge auf Herob- 
eate ?
	        
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