198 Das deutsche Reich und seine rinfelnen Elieder. (Nov. 30. — Dez. 1.)
schulen in gemischte Schulen durchführt, entspricht früher ausgesprochenen
Wünschen derselben. Dabei sind wir der Ueberzeugung, daß die Förderun
religiösen und kirchlichen Lebens den Aufgaben eines Staates nicht frem
gegenüber steht, der sein Gedeihen in der sittlichen und geistigen Bildung
seiner Angehö5rigen sucht und findet. Gern werden wir daher der wirksamen
Ertheilung des religiösen Unterrichts jede thunliche Rücksicht tragen. Von
gleicher Ueberzeugung geleitet, werden wir die uns angekündigte Vorlage
prüfen, welche die Wege zur Aufbesserung des ungenügenden Einkommens
zahlreicher Geistlichen bezeichnen soll. Die lang andauernde und weit ver-
breitete Stockung in Handel und Industrie konnte Baden nicht unberührt
lassen. Die Rückkehr normaler Verhältnisse wird aber in nicht allzu ferne
Aussicht genommen werden dürfen, und die allseitige Beherzigung der ein-
dringlichen Lehren, welche die Krists gegeben, wird der Genesung eine lange
Dauer versprechen.“
30. November. (Deutsches Reich.) Reichstag: erklärt sich
neuerdings mit 171 gegen 58 Stimmen für die Gewährung von
Diäten.
— November. (Preußen.) Die preußische Regierung scheint
endlich der Ungewißheit und der Agitation der dänisch Gesinnten
in Nordschleswig ein Ende machen zu wollen:
Auf Veranlassung des Cultusministers Falk erläßt die k. Regierung
u Schleswig eine Circularversügung an die Kirchenvisitakionen der nord-
schteswigische Propsteien, nach welcher die im Amie stehenden dänischredenden
Lehrer sich eine solche Fertigkeit im Deutschen erwerben sollen, daß sie sich
des Deutschen mit Sicherheit als Unterrichtssprache bedienen können. Zu
diesem Zwecke soll der bisher einmal im Jahre am Seminar zu Tondern
stattfindende Cursus im Deutschen für dänischredende Lehrer zweimal im
Jahre abgehalten werden. Die Miltel dazu will der Minister vom nächsten
Jahre an bereit stellen. In der betreffenden Circularversügung wird auf
die schleunige Durchführung der einschlägigen Verfügungen ein besonderer
Nachdruck gelegt. Man sieht hieraus, daß die Einführung der deutschen
Unterrichtssprache in den dänischen Schulen Nordschleswigs eine beschlossene
Sache ist.
Anf. Dezember. (Bayern.) Die Erzbischöfe und Bischöfe er-
lassen Hirtenbriefe bezüglich der mit dem 1. Jannar 1876 bevor-
stehenden obligatorischen Einführung der Civilehe. Dieselben weisen,
offenbar in Folge einer gemeinsamen Verständigung, ihren Clerus
übereinstimmend an, in den Aeußerungen über die Civilehe vorsichtig
zu sein, dagegen die Gläubigen darauf aufmerksam zu machen, daß
diejenigen, welche sich mit der Civilehe begnügen und derfelben nicht
die kirchliche Trauung nachfolgen lassen, sich selbst von der Gemein-
schaft der katholischen Kirche ausschließen und daher auf den Genuß
der Sakramente, auf die Zulassung als Taufzeugen, sowie auf ein
kirchliches Begräbniß keine Ansprüche machen könnten, vielmehr von
denfelben ausgeschlossen würden.
1. Dezember. (Deutsches Reich.) Reichstag: Die national-