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Weltstellung nicht so unwichtig als man versucht sein möchte zu 1852
glauben; überdieß liegt mir daran, sie vor des Kaisers*) An- 16. 4
kunft erledigt zu sehn, und die täglichen Mahnungen von Bud-
berg, Bloomfield und Bille-Brahe'#) werden mir sehr lästig.
Unsern Zollvereins-Congreß?““) werde ich wahrscheinlich
erst Montag eröffnen; die Herren sind mit ihrer Ankunft etwas
säumig gewesen, und ich will mich nun auch nicht zu sehr
empressiren. Ich habe übrigens guten Muth; nur dürfen wir
nicht schwanken. Der König, der noch vor wenig Tagen die
Idee hatte, eine besondere Verhandlung in Wien einzuleiten,
ist jetzt ganz correct und fast zu präcipitant; er sagte mir
gestern, ich möge gleich von Anfang erklären, Preußen liege
an der ganzen Geschichte nichts, wir hätten deshalb die voll-
ständige Auflösung des Vereins vorbereitet und bäten jeden,
der wollte, seiner Wege zu gehen. Das kann in einem späteren
Stadium nützlich und nothwendig werden, zu Anfang scheint
mir der Tabak aber zu stark, namentlich auch mit Rücksicht
auf Hannover, welches ja aus Furcht vor Preußens Präpotenz
so gern Baiern conserviren möchte, wiewohl die beiderseitigen
Interessen schnurstracks entgegengesetzt sind.
Wir werden in Gemeinschaft mit Hannover starke Er-
mäßigung der Eisenzölle proponiren, was ich für sehr richtig
und im Interesse unseres Schiffbaues und unserer Agricultur
halte; freilich wird das in Süddeutschland Geschrei und in
Oberschlesien Lamento erregen, darauf kann es aber nicht an-
kommen. Aus Baiern wird mir aus guter Quelle gemeldet, der
König habe für alle möglichen Fanfaronaden Herrn v. d. Pfordten
*) Von Rußland.
* ) Russischer, englischer, dänischer Gesandter am Berliner Hof.
**) Preußen hatte auf den April 1852 die sämmtlichen Zollvereins-
staaten zu einer Conferenz eingeladen, um auf Grund des mit Hannover
abgeschlossenen Vertrags vom 7. September 1851 die Erneuerung des
Zollvereins für den 1. Januar 1854 vorzubereiten; Weber a. a. O.
S. 309 ff.