276 Spanien. (Okt. 1. — Anf.-Nov.)
zeichnen würde, daß, wenn das Spanien unserer Tage nicht wie in früheren
Höhrhunderten den Gipfel der Macht und Größe erreicht hat, es doch wenig-
stens den Nang zu erringen wußte, welchen es unter den gebildeten Völkern
Europa's verdiente, weil seine Söhne, niedrige Leidenschaften und falsche In-
teressen von sich weisend, jene Energie des Charalters, womit sie ruhmvolle
Thaten vollbracht, auch auf das Studium der Künste und Wissenschaften,
dieser Grundlage einer neuen und wahrhaftigeren Größe, übertragen haben.“
— Oktober. In Folge des Rundschreibens des päpstlichen
Nuntius in Madrid an die spanischen Bischöfe vom 25. August
richtet die Regierung eine Note an den hl. Stuhl, in der sie dem-
selben neuerdings die Zusicherung ertheilt, das Concordat respektiren
zu wollen, aber davon diejenigen Bestimmungen ausnimmt, welche
der Curie irgendwelche Rechte bezüglich der inneren Verwaltung und
der internationalen Stellung Spaniens einräumen. Die Note fügt
hinzu: daß wichtige Staatsrücksichten die Wiederherstellung der ka-
tholischen Glaubenseinheit unmöglich machen, die auch, wenn schon
im Concordat ausgesprochen, als unwandelbares Princip nicht an-
zusehen sei. Die Regierung habe das Concordat nicht verletzt, sie sei
aber gezwungen, die religiöse Duldung zu achten.
3. Oktober. Ein kgl. Erlaß an die Gemeindebehörden befiehlt,
die Wahllisten gemäß dem Gesetz vom 23. Juni 1870 vorzubereiten,
welches die Anwendung des allgemeinen Stimmrechts für die Ab-
geordnetenwahlen — im Verhältniß von 1 Abgeordneten auf 50,000
Einwohner — und der zweigradigen Abstimmung für die Senatoren-
wahlen vorschreibt. In der Einleitung des Dekrets heißt es: daß,
nachdem der Bürgerkrieg glücklich bewältigt und die Feinde auf einen
kleinen Theil der Halbinsel eingegrenzt seien, die Versammlung der
Wahlcomitien nicht mehr verzögert werden könne. Ein Datum für
die Wahlen ist in dem Erlaß jedoch nicht genannt.
25. Oktober. Von Bewohnern der Provinz Navarra, die sich
größtentheils im Besitze der Carlisten befindet, wird dem König eine
Ergebenheitsadresse überreicht, die ca. 30,000 Unterschriften trägt.
Anf. Nov. Marfori, der Günstling der Ex-Königin Isabella
und von ihr nach Madrid gesandt, wird daselbst in Folge seines
anmaßenden Austretens verhaftet. Zwischen König Alfons und seiner
Mutter tritt dadurch ein zunächst unheilbarer Bruch ein.
— November. Der energische General Martinez Campos hat
in Catalonien mit den Carlisten so ziemlich vollständig aufgeräumt.
Nur unbedeutende Banden, die schon mehr die Bezeichnung als
Straßenräuber verdienen, durchstreifen noch hie und da das Land.