Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

Frankteich. (Febr. 1—2.) 319 
bewenden zu lassen, nach welchem der Marschall Mac Mahon allein und nur für 
seine eigene bersen zur Auflösung des Abgrordneteuhauses berechtigt sein 
soll. Hann diese Bestimmung im Plenum durchgeht, so ist das Septennat 
doch wieder ein ganz persönliches und das #ersessungewert definitiv begraben. 
n itzung vom 2. Febr. bringt zunächst Bertauld ein Amen- 
dement ein, rnach welchem dem Präsidenten das Recht beigelegt wird, ohne 
Mitwirkung des Senats eine einmalige Auflösung der Deputirtenkammer 
aussprechen zu dürfen. Hergog v. Larochefoucauld-Bisoccia: Wer dies 
Auflösungsrecht für alle künftige Präfidenten bewilligt, erkennt damit die 
definitive Republik an. Das ist uns (von der äußersten Rechten) unmöglich. 
Nur um dem Marschall persönlich einen Beweis unserrs Vertrauens zu geben, 
werden wir mit dem Ausschuß dafür 5 daß er ausnahmsweise das 
Auflösungsrecht besibe. Dufaure: Ich danke dem Herzog v. Larochefoucauld, 
5 er sein wahres Motiv angegeben hat. Wir gehen aber in unserer Ehr- 
furcht für den Marschall noch weiter, indem wir seine eigenen Wönsche 
rücksichtigen. Unsere Aufgabe ist nicht nur, das Gesetz vom 20. November 
zu vervollständigen, sondern wirkliche Verfassungsgesetze einzuführen n 
war der 30er-Ausschuß schon lange vor dem 20. November ein eseht worden 
Er konnte mithin gar nicht den Auftrag haben, nur ein für ren Marschall 
persönlich brrechnensg Gesetz auszuarbeiten. Das Auflösungsrecht mag exor- 
bitant und mit den Prinzipien einer Nepublik schwer vereinbar erscheinen; 
aber die Republik braucht gerade nicht immer nach demselben Typus geformt 
zu werden. Für das oberste Princip halte ich das allgemeine Stimmrecht 
und ein auf Zeit gewähltes Oberhaupt; alle übrigen Institutionen können 
aber den zeitweiligen Bedürfnissen angepaßt werden. Das Cabinet des Herrn 
Thiers hatle nach richtiger Erwägung zwei Kammern und das Auflüsange- 
recht für den efnten vorgeschlagen: Es ist vollkommen richlig, daß, d 
wir noch nicht wissen, wie der Senat beschaffen sein wird, unser Volum vor 
läufig nur ein bedingles ist. Das war aber nach Lage der Dinge unver- 
meidlich und es wird Jedem freistehen, in der dritten Lesung, nachdem in- 
zwischen das Ernatzgeset beschlossen sein wird, auf sein Votum zurüche 
kom Wenn aber nicht ein Verfassungsarlikel dem Senat ausdrücklich 
zur Mücht macht, sein Gutachten über die Auflösung des anderen Hauses 
abzugeben, wird er sich dessen immer weigern. Im Ausschuß schien man 
von der Voraussetzung auszugehen, daß die Kammern allemal revolutionär, 
die Staatsoberhäupter aber lauter Weise wären. Als ob uns die Geschichte 
nicht lehrte, daß die Regierenden häufig ihren örgsten Leidenschaften Gehör 
schenken! Der Senat wird ein unpartelscher Schiedsrichter sein. ein noth- 
wendiger Schiedsrichter, damit unfere Republik gegen etwa persönliche mo- 
murchisß. Tendenzen des Staatsoberhauples geschützt sei. (Erterteit. Dazu 
beitt endlich noch ein anderer Grund, der für das Amendement Wallons spricht: 
Wir sind von den verwegensten Intriguen umgeben, welche die Regierung 
jeden Tag bedrohen. Graf Murat (Bonapartist): 2 ist eine Verleumdung: 
(Die Linke entgegnet mit stürmischem Beifall z Worten Dufaure'.) 
Dufaure: Diese Intrignen bringen die Gelellscheft *—— in Gesahr und sie 
können nicht besser vereitelt werden, als wenn man die bestehende Regierung 
in jeder Weise stärkt, wie dies auch durch das Amendement Wallon's ge- 
schieht. (Anhaltender Beifall links) Die bevorsiehende Abstimmung ist offen- 
bar für das ganze Verfassungswerk entscheidend. Broglie sucht daher der 
Republik nochmals ein Bein zu stellen, indem er beantragt, zuerst Über den 
Antrag der 30er-Commission und dann erst über das Amendement Wallon 
abzustimmen. Er unterliegt jedoch mit seinem Antrag mit 346 gegen 354 
Stimmen: die republikanische Partei der gesammten Linken hat es also mit 
Hülfe eines kleinen Bruchtheils des rechten Centrums seit dem 30. Januar
	        
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