Ialien. (Juli 2. — Anf. Aug.) 401
2. Juli. Der stronprinz Humbert geht zum Leichenbegängniß
des verstorbenen Kaisers Ferdinand nach Wien. Unter den ihn hier
am Bahnhofe empfangenden Mitgliedern des Kaiserhauses befindet
sich auch der Erzherzog Johann von Toscana.
— Juli. Die Opposition macht in mehrfachen Parteiversamm-
lungen Versuche, sich der bieherigen unpraktischen Politik durch Auf-
stellung eines bestimmten Programms zu entledigen und sich so wo
möglich zu einer regierungefähigen Partei umzugestalten. Vorerst
mißlingt der Versuch aber noch.
— Juli. In Folge des Eindrucke der Interpellationen Man-
cini-Laporta und der damals von Minghetti gegebenen Zusicherung
beginnt die Regierung endlich energischer gegen dieienigen Bischöfe
vorzugehen, welche sich weigern, das Erequatur bei der Regierung
nachzusuchen, trotzdem aber eigenmächtig von den bischöflichen Pa-
lästen Besitz genommen haben. Einige räumen dieselben auf erhal-
tene Aufforderung freiwillig, andere müssen gewaltsam ermittirt
werden. Ginigen Bischöfen erlaubt der Papst das Exequatur nach-
zusuchen, anderen verweigert er die Erlaubniß dagu.
— Juli. Die Gemeindewahlen fallen nicht nur auf dem
Lande, sondern auch in einer Reihe von größeren Städten, nament-
lich in Venedig, Verona und Genna, clerical aus. Die Ultramon-
tanen fassen darauf gestützt neuen Muth und neue Hoffnungen. Der
Grundsatz ns elettori ne eletti geräth in's Wanken.
— Juli. In einem Dorsfe bei Bologna beruft der Marchefe
Pepoli, dem als Patron das Besepungsrecht der Pfarrstelle zusteht,
die Familienhäupter der Gemeinde zu einer Versammlung und läßt
durch sie den neuen Pfarrer wählen.
— August. Die Regierung verständigt sich mit den meisten
Städten über eine Erhöhung der Verzehrungsteuerpacht. Nur Neapel
weigert sich, der Regierung zu entsprechen; die Regierung nimmt
daher dort die Erhebung der Steuer in ihre Hand.
Der Staat belegt nämlich alle in Slädte eingeführten Artikel mit
einer Steuer, Verzehrungssteuer oder Auzio consumo genannt. Die Verwal-
tung und Eintreibung derselben wurde pachtweise den slädtischen Gemeinden
für eine gemeinsam vereinbarte jährliche Summe überlassen. Wie nach fünf-
jähriger Kray## ch beransgeselt. hat, haben beinahe alle Städte hiebei ein
ang vorzügliches Geschäft gemacht. Die Stadt Neapel gewann netto durch-
schntelich I: Millionen jährlich. Auf Grundlage dieser Resullate erhöhte
die Regierung nach Ablauf der allen Verträge den Pachtschilling, aber in
einer Weise, daß den Städten immer noch ein Gewinn in Aussicht stand.
Alle großen Slädte acceptirten nach einigem Hin= und Herhandeln die mini-
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