446 Betgien. (April 25. — Mai 8.)
Deutschland auf dem Verlangen, daß Belgien die diesfällige Lücke
in seiner Gesetzgebung ausfüllen möge, ohne daß es darum der
Selbständigkeit Belgiens im mindesten zu nahe treten will, beharrt
und damit die Anzeige verbindet, daß der deutsche Reichskanzler
seinerseits bereits die Einleitungen getroffen habe, eine ähnliche Lücke
in der Strafgesetgebung des Deutschen Reichs auszufüllen.
23. April. II. Kammer: beschließt trotz des Widerspruchs der
Opposition mit 57 gegen 43 Stimmen, die (meist liberalen) Handels-
kammern abzuschaffen.
30. April. Die belgische Regierung beantwortet die zweite
denutsche Note vom 15. d. M. in ausweichendem Sinne, indem sie
versichert, daß
„Belgien entschlossen sei, seinen Pflichten als neutraler Staat in sreund-
schaftlichem Geiste und in der ihnen pichen urs t angewiesenen Auedeh-
nuung ch entsprechen, daß es den ausgezeichneten Beziehungen, die es mit
Deutschland zu unterhalten nie aufgehört habe, einen hohen Werth beilege
und auch den aufrichtigen Willen betheuere, alles, was in seinen Kräften
stehe, zur dauernden Bewahrung dieser Beziehungen zu thun.“ .
7.—8. Mai. II. Kammer: Debatte über den Notenwechsel
und die Differenzen mit Deutschland. Die Linke zwingt die Regie-
rung, die Ausschreitungen ihrer eigenen, der clericalen Partei, zu
bedauern und bringt es sogar dahin, daß dieses Bedauern in der
agesordnung ausdrücklich constatirt wird.
Der Führer der Linken, Frère-Orban stellt dem Cabinetschef Hrn.
Aules Malon, das Dilemma, entweder seine auswärtige Politik oder die
zunktit seiner Partei und des Episcopats zu verläugnen und da Hr. Malon
den Ssst versucht, dem Dilemma zu entgehen, gelingt es Hrn. Orts (Linke),
entrei linister gun Stehen zu bringen unb ihm endlich das Geständniß zu
denk#ißen, daß er sowol die Sprache des Bischofs von Namur (der den
der schen Kaiser mit Nero und Diocletian verglichen) als die Ausschreitungen
Hr clericalen Presse bedauere. Aber damit gibt sich die Linke nicht zufrieden.
sich Orts will im Interesse des Landes, daß nicht nur das cleri ale Cabinet
ulir##nd seinen Ursprung, sondern daß auch die freie clericale Majorität die
ord#ernontanen Grundsätze officiell verleugne. Er schlägt eine motivirte Tages-
talnung vor, welche das von der Regierung ausgesprochene Bedauern con-
m irt und demselben beistimmt. Das ist den Ultramontanen zu viel. Herr
kobs von der äußersten Rechlen protestirt gegen eine Zumuthung, die, wie
die ehauptet, die Würde des Landes preisgäbe. Es genüge vollkommen, daß
nicht ammer die Erklärungen billige, welche die Regierung abgegeben, un
befen n befonderer Weise das von der Regierung formulirte Bedauern noch
de- Atige. Die Linke besieht aber auf ihrem Verlangen. Selbst die Nede
örm errn Jacobs wird zur Waffe gegen die Elericalen, und man bestürmt
ühr ich die Ministerbank, um dem Herrn Jules Malou zu Gemüthe zu
er #u, er dürfe nicht auf halbem Wege stehen bleiben, wolle er gestärkt aus
wier Lebatte hervorgehen, so müsse die Kammer seine Politik gutheißen. Und
ich erhebt sich zulet der Cabinets-Chef und beschwört seine Partei=