Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

458 Danemark. (Ende Juni — Okt. 6.) 
Cfstrup Ministerpräsident und Finanzminister, Graf Moltke-Bregentved 
Minister des Auswärligen, Kammerherr Skeel Minister des Innern. General 
Haffner Kriegs= und Marineminister, Nellemann Justizminister, Fischer Cul- 
tusminister. 
— Juni. Eine Rundreise des Königs im südlichen Jütland 
gibt wieder zu allerlei Demonstrationen bezüglich Nordschleswigs 
Veranlassung. Der König äußert sich damit einverstanden; die Un- 
tersagung einer Feier der Schlacht von Idstedt für die dänischen 
Truppen im Uebungslager bei Hald zeigt indeß, daß die dänische 
Regierung aufrichtig bemüht ist, alles zu vermeiden, was in Deutsch- 
land Anstoß erregen könnte. 
16. August. Der Führer des linken Flügels der vereinigten 
Linken im Folkething, Hansen, tritt den Socialdemokraten ziemlich 
scharf gegenüber, indem er in seinem Organ „Almuevennen“ erklärt: 
.Herr PMo (Führer der dänischen Socialdemokralen und gegenwärtig 
Redacteur des Organs derselben) hat nie die Partei gekannt, welche sich hier 
zu Lande „Linke“ neunnt, wenn er glaubt, daß sie stets von sich selber be- 
hauptet habe, sie repräsentire den Radicalismus in Dänemark. Sie hat im 
Gegentheil stets dagegen proteslirt, radical zu sein. Sie ist nicht radical und 
will es nicht sein. Die Linke arbeilet und will ferner arbeiten für eine Ver- 
besserung der Lage der niedriger Hestellten aber fleißigen und ordentlichen 
Arbeiter, aber sie will nicht dem Communismus in die Hände arbeiten. Die 
Linke hat gearbeitet und will ferner arbeiten für eine gerechte Regelung der 
Arbeiterverhältuisse in der Weise, daß eine aufgeklärte and gutsituirte Arbeiter= 
bevölkerung geschaffen wird. Sie will das Ihrige dazu beitragen, daß Ge- 
rechtigkeit, Billigkeit, bürgerliche Freiheit und Gleichheit Allen, den Niedrigen 
sowohl wie den Höheren, zu Theil werde, aber sie will die Verhältnisse nicht 
auf den Kopf stellen, nicht Recht und Gesetz und Ordnung umstürzen, sie 
will sich nicht luftigen Träumereien und leeren Hirngespinnsten hingeben, sie 
will die Rathlosen nicht dadurch noch rathloser machen, daß sie ihnen schwär- 
merische und gefährliche Vorstellungen beibringt.“ 
4. Oktober. Eröffnung des Reichstags. Derselbe wird jedoch 
unmittelbar nach der Präsidentenwahl durch kgl. Botschaft bis zum 
20. November vertagt, da sich die Regierung und der neue Kriegs- 
minister General Haffner Über das dem Reichstag wieder vorzule- 
gende Gesetz betr. das Landesvertheidigungswesen noch nicht haben 
schlüssig machen können. 
6. Oktober. Die vereinigte Linke des Folkethings, die sich in 
der letzten Session gelegentlich des Budgets gespalten hatte, einigt 
sich, über die in der sofortigen Vertagung liegende Rücksichtslosigkeit 
Seitens der Regierung erbittert, wieder und erläßt gemeinsam fol- 
gendes Manifest an ihre Wähler: 
.„Wähler! Die Regierung hat gegen die Erwartung den Reichstag 
sofort nach seinem Zusammenkritt vertagt. Der 4. Oktober, welcher uns zu
	        
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