Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

460 Dãnemark. (Dez. 16.) 
minister legen demselben ein neues Projekt betr. die Erweiterung 
des Landesvertheidigungswesens vor. 
Seit dem Jahre 1872 ist es das drittemal, daß solche Projecte im 
Reichslag aufgestellt wurden, und zwar jedesmal unter einer wesentlich andern 
Form. Die diesjährigen Vorschläge zeichnen sich durch ihre Großartigkeit aus, 
indem für dieselben nicht weniger als 57 ½ Millionen Reichsmark beansprucht 
werden. Die Arbeiten sollen in einem Zeitraum von 10—11 Jahren aus- 
eführt werden. Die wichtigeren Werke sollen jedoch im Laufe von 5—7 
sahren vollendet werden, und dafür, sowie für den Bau von drei großen 
ganzerschiffen wird die Summe von 37 Millionen Mark gefordert. Als 
hauptgrundsätze für die Landesvertheidigung werden aufgestellt: die Befesti- 
ung der Hauptstodt, die Anlegung einer Flettenstation an der seeländischen 
Westküste und die Anlegung einiger Batterien am großen Belk, um, wie es 
heißt, „die Verbindung zwischen den Landestheilen“ zu sichern. Vorerst soll 
die Seebefestigung Kopenhagens in Angriff genommen werden, und man 
meint dieselbe in einer Weise herstellen zu können, daß die Möglichkeit eines 
Bombardements der Hauptstadt durch feindliche Schiffe völlig ausgeschlossen 
bleibt. Zu diesem Ende sollen nicht nur die jetzigen — allerdings ungenü- 
genden — Forts verstärkt, sondern es sollen auch zwei neue ungemein starke 
Werke auf der Kopenhager Rhede angelegt, und außerdem mehren- Küsten- 
batterien erbaut werden. Mit der Befestigung von der Landfeite soll noch 
einige Zeit gewartet werden; sie würde nach dem Entwurf auch nur geringe 
Bedentung haben, da sie nur dazu dienen soll, einen feindlichen Handstreich 
zu verhüten, würde aber immerhin ca 14 Mill. Kronen kosten. an denkt 
sich nämlich die Möglichkeit, daß ein feindliches Dekochement den Moment 
benützen könnte, wo bes dänische Heer auf irgendeinem Punkt von Seeland 
damit beschäftigt wäre, einer feindlichen Landung entgegenzutreten, um die 
unbefestigte, von aller Garnison entblößte Hauptstadt zu überfallen. Der 
shefetentwurf will Jütland und Fühnen ganz aufgeben, und er unterscheidet 
arin gänzlich namentlich von den früher aufgestellten Projekten, wonach 
r Landestheile nachdrücklich vertheidigt werden sollten. Die Flotte soll 
verhältnißmäßig sehr stark entwickelt werden, jedoch muß eine Seemacht, die 
nur drei Panzerfregatten abtn immer noch als ziemlich unbedeutend ange- 
sehen werden. Darum soll auch eine Anzahl sehr stark armirier Kanonen= 
boote angeschafft werden. 
16. Dezember. Folkething: setzt einen Ausschuß zu Vorbera- 
thung der Vorlage betr. das Landesvertheidigungswesen ein. Aus 
der allgemeinen Debatte geht aber bereits hervor, daß die Majorität 
des Things die neue Vorlage so wenig als die beiden früheren an- 
zunehmen geneigt ist, jedenfalls nur, wenn die Regierung auf das 
Princip einer Einkommensteuer eingehen würde, wodurch die außer- 
ordentlichen Rüstungen zu bestreiten wären. Der Ertrag einer solchen 
Einkommensteuer wurde im vorigen Jahre auf ca. 34 Mill. Mk. 
berechnet, womit freilich kaum die Hälfte der vom Ministerium auf- 
gestellten neuen Pläne ausgeführt werden könnte. 
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