Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

11. Rußland. 
7. Januar. Die Regierung legt dem Reichsrath das Budget 
für 1875 vor. Die Einnahmen sind auf 559,300,000, die Ausgaben 
auf 552,100,000 Rubel angeschlagen. Das Budget ergibt also einen 
Ueberschuß von etwas mehr als 7 Millionen Rubel. Gegen 1874 
sind die Einnahmen um 19½, die Ausgaben um 18½ Mill. höher 
angesetzt. Z 
20. Jannar. Die englische Regierung lehnt in einer Depesche 
des Grafen Derby an den englischen Gesandten in St. Petersburg 
seine weitere Betheiligung an den Berathungen der Brüsseler Con- 
ferenz über die Feststellung des internationalen Kriegsrechtes defini- 
tiv ab (s. England). 
— Januar. Die unirten Katholiken der Chelmer Diöcese 
treten in ihrem letzten Rest, mehr gezwungen als freiwillig, zur 
orthodoxen Kirche über. Die ursprünglich mehrere Millionen zäh- 
lende griechisch-unirte Bevölkerung der ehemaligen Litthauischen Gou- 
vernements, welche das jetzige Generalgouvernement Nordwest-Ruß- 
land (Wilna) bilden, ist damit gänzlich wieder von Rom losgerissen 
und mit der griechischen Kirche vereinigt. 
Die erste und zahlreichste Bekehrung erfolgte bekanntlich unter Kaiser 
Nikolaus. Später kamen die römisch-katholischen Weißrussen an die Reihe, 
welche auf dieselbe Weise in kurzer Zeil bekehrt wurden. Es blieben nur 
noch die gegen 300,000 Seelen zählenden Unirien in den Gouvernements 
Siedlec und Lublin übrig, welche die Chelmer Diöcese bilden. Diese stand 
früher unter dem Metropoliten von Lemberg, wurde aber in neuester Zeit 
NRom direkt unterstellt. Es war der Regierung des Kaisers Alexander II. 
vorbehalten, auch diese, die noch in 250 Kirchspiele vertheilt waren, in den 
Schooß der griechischen Kirche zurückzuführen und zwar namentlich durch die 
Thätigkeit des Unterrichtsminislers Grafen Tolstoi und des aus Galizien be- 
rufenen Bischofe Popiel von Chelm. Die meisten dieser Unirten traten noch 
im Jahre 1874 über. Viele, die erkannten, was ihnen bevorstehe, Hlohen 
Die einflußreichsten Leute wurden nach Sibirien, nach Archangelsk und nach
	        
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