566 Uebersicht der pelilischen Eniwichelung des Dahres 1875.
mission gegeben. Der Marschall verschob indeß die Ernennung eines
neuen bis nach jener Annahme und setzte es dann unter dem Vor-
sitze Buffet's, des bisherigen Präsidenten der Nationalversammlung,
ganz überwiegend aus Männern zusammen, die zwar schließlich für
die neuen Verfassungsgesetze gestimmt, aber bis dahin entschieden der
alten Majorität angehört hatten und ihr im Grunde auch jetzt noch
angehörten. Das ganze Cabinet hatte überdieß eine stark clericale
Färbung, was zunächst unbeachtet blieb, später aber um so bedeut-
samer zu Tage treten sollte. Die aufrichtig republikanische Partei
war darin eigentlich nur durch eine kleine Minderheit, den Justig-
minister Dufaure und den Finanzminister Leon Say vertreten. Die-
selbe gab sich indeß auch damit zufrieden, zumal als die neuen
Minister in ihren Umlaufschreiben innerhalb ihrer Ressorts den
nunmehr gesetzlichen Bestand der republikanischen Verfassung aus-
drücklich anerkannten. Sie hielten auch ihr Wort in so fern, als
das Cabinet nichts khat, um diese nunmehr allseitig als gesschert
betrachtete Grundlage wieder in Frage zu stellen. Dagegen erwies
sich Buffet alsbald als ein gründlicher Reactionär, der sich alle
Mühe gab, die alte Majorität auch auf der neuen Grundlage wieder
zusammenzubringen. Sein ganzes Bemühen ging nunmehr dahin,
in den zum nöthigsten Ausbau der neuen Verfassung noch erforder-
lichen Gesetzen die Regierungsgewalt möglichst zu stärken, um in ihr
einen starken Damm gegen die künftige Deputirtenkammer zu befitzen,
und ferner dahin, die ganze Regierungsmaschinerie möglichst in den
Händen der reactionären Parteien, der alten Majorität, zu lassen, alle
aufrichtig republikanischen Elemente dagegen von der Regierung sorg-
fältig fern zu halten, in der Hoffnung, bei den bevorstehenden Neu-
wahlen den Siegespreis den Republikanern vielleicht doch wieder ent-
winden und der alten Majorität noch einmal das Uebergewicht ver-
schaffen zu können. Dieses Ziel verfolgte er zwar nicht mit dem
Talent und der intriganten Gewandtheit des Herzogs v. Broglie,
aber mit größerer Zähigkeit und mit vielleicht noch größerer Rücksichts-
lofigkeit, als dieser es gethan hatte. Der letzte Theil seiner Aufgabe
gelang ihm indeß später trotz aller Rücksichtslofigkeit und Zähigkeit
doch nicht; die Neuwahlen trugen ihm vielmehr schließlich eine so
eclatante persönliche Niederlage ein, wie sie nicht größer hätte sein
können. Für seine einzelnen reactionären Maßregeln dagegen, wie
bezüglich der Presse und der Vereine, bezüglich des Belagerungs-
zustandes, für die fortdauernde Ernennung der Maires auch außer