Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 1—3.) 53 
Aussicht genommen,  wofern die Aerzte ihre Zustimmung dazu geben 
würden. 
— Januar. (Preußen). Der Kaiser ertheilt dem Landgrafen 
und ehemaligen Erbprinzen von Kurhessen, Friedrich, das Prädikat 
königl. Hoheit. 
1. Februar. (Deutsches Reich.) Die neugebildete (vierte) 
Abtheilung des Reichskanzleramters „für das Reichsjustinwesen“ be- 
ginnt ihre Thätigkeit. 
— Februar. (Hessen.) Der Bischof Ketteler von Mainz er- 
läßt einen Fastenhirtenbrief, der von Anfang bis zu Ende den Cha- 
rakter eines lediglich politischen Aktenstückes trägt. Von den üblichen 
Fastenvorschriften findet sich keine Spur in dem Document, welches 
durchweg aus einer Ausführung über die Unverträglichkeit der hes- 
sischen Kirchengesetze mit dem Wesen der katholischen Kirche besteht. 
Wenn der Mainzer Bischof als der Führer derjenigen Partei im deut- 
schen Episcopat gilt, die den Widerstand  bis zum Aeußersten predigt, und 
unter keinen Umständen von einem modus vivendi etwas wissen will, so be- 
stätigt das Aktenstück diese Annahme vollkommen. Der Bischof erklärk: daß 
die Kirche in ihrem bisherigen Widerstande „beharren müsse bis in den Tod“, 
daß „die Nothwendigkeit dieses Widerstande unmittelbar aus der Göttlich- 
keit der katholischen Religion folge“. Ueber die Begriffe des Bischofs von 
dem Gehorsam gegen die Staatsgesetze gibt folgender Passus am Schlusse 
seines Hirtenbriefes bemerkenswerthen Ausschluß. Dort heißt es in hervor- 
ragender Schrift: „Wer an eine von Gott gestiftete Religion, an eine von 
Gott geoffenbarte Wahrheit, an Gottes Wort glaubt, kann sich nicht unbe- 
dingt und schrankenlos menschlichen Gesetzen unterwerfen.“ Wo die Schranken 
für diese Unterwerfung zu finden sind, wird, wie immer, so auch dießmal, 
selbstverständlich nicht gesagt, sondern dem souveränen Ermessen der Kirche 
und ihrer Diener vorbehalten. 
— Februar. (Elsaß-Lothringen.) Der Fastenhirtenbrief des 
Bischofs von Metz wird von der Regierung mit Beschlag belegt. 
2. Februar. (Preußen.) In Oberschlesien macht der Pfarr- 
caplan Kick in Tarnowicz mit der Regierung Frieden, ohne zum 
Altkatholicismus überzugehen, und wird vom Oberpräsidenten zum 
Propst in Kähme, kgl. Patronats, erwählt. Die Einsetzung erfolgt 
ohne Ruhestörung; der Decan Kebanowski protestirt gegen den Ein- 
griff der weltlichen Gewalt und entfernt sich mit dem Allerheiligsten. 
3. Februar. (Deutsches Reich.) Nachdem die Reichsregierung 
früher schon wiederholt durch den deutschen Gesandten Grafen Per- 
poncher in Brüssel bei der belgischen Regierung gegen die Kundgebungen 
belgischer Bischöfe an die preußischen Bischöfe, um dieselben in ihrem 
Widerstande gegen die Staatsgewalt zu ermuntern, remonstrirt hatte,
	        
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