82 Das deutsche Reich und seine einselnen Glierder. (März 18—19.)
der Gesetze! Denn sind die Gesetze nur, wie der Herr Abgeordnele für Meppen
sie zu charakterifiren pflegt, Majoritstäbeschlüsse dann gibt es nichts Heiliges
mehr, was zwischen und uns besteht, und nichts Heiliges mehr, was dem Stär-
keren ein Maß auferlegt in der Mißhandlung des Schwächeren. Die Un-
giltigkeit solcher Gesetze proklamiren, heißt den Religionsfrieden brechen! In
Oesterreich und Italien haben diese Dinge eine andere Bedeutung. Ueberall,
wo die katholische Kirche die allein im Staat regierende ist, da ist es nur
ein Zwist unter Brüdern, von denen vorauszusehen ist, daß sie sich zuletzt
wieder vereinigen. In einem Staat aber, wo der Religionsfriede, die ganze
Existenz zweier gleichberechtigter Kirchen auf dem jahrhundertalten Gange
unserer Gesetzgebung beruht, da hat die Aufkündigung des Gehorsams gegen
die Gesetze eine Bedeutung, die Herr Bonghi gar nicht verstehen kann; für
einen Italiener ist dieser Gedankengang gar nicht verständlich und daher fürchte
ich auch für jeden woblgesinnten. Rathgeber er Kurie. In Deutschland solche
Bullen hineinzuschleudern, das heißt der offene Bruch des Religionsfriedens;
denn wo die Gesetzgebung Deutschlands nicht mehr herrscht, da m. H., sind
wir mit einander fertig, da werden wir sehen, wer der Stärkere ist! (Sehr
richtig!) Wir haben kein anderes Band! In anderen Ländern haben sie das
Band der einheillich dominirenden Kirche. Die Heilighaltung der Gesetze
ist für uns das Bindende, und wie soll die Staatsgewalt sich verhalten,
wenn in diesem vulkanischen Zustande solche päpstliche Bullen ins Land ge-
schleudert werden! Was nüßt mir die heilige Versicherung des passiven Wider-
standes, wenn man alles, was in menschlicher Kraft steht, thut, um andere
Menschen zum aktiven Widerstande aufzufordern? (Lebhafter Beifall links.)
Meine Herren vom Centrum, einen Beweis sind Sie uns schuldig geblieben,
nämlich, ob es irgend ein Mittel der Aufregung gibt, ein Mittel der großen
oder der kleinen Demagogie, des Mißbrauchs der Presse oder des Vereins-
rechts, das nicht in Thätigkeit gesetzt worden wäre, um die Massen in Aktion
zu setzen? (Beifall) Wir haben ein reiches Repertoir von 1848, aber
haben Alles übertroffen, was wir 1848 kennen gelernt haben. (Sehr wahr!
links.) Der Glaube des gemeinen Mannes, deß seien Sie versichert, der steht
heutzutage noch so, daß, reden Sie ihm immer davon, daß sein Glaube ver-
folgt wird, seine Priester mißhandelt, seine heiligsten Rechte mit Füßen ge-
treten werden, reden Sie ihm oder lügen Sie ihm (Lärm im Centrum) an
anderer Stelle vor, die Gesetze der deutschen Fürsten würden gegeben, um das
katholische Volk lutherisch zu machen, setzen Sie das von Jahr zu Jahr fort
mit gewissen Aktionen an Gedenklagen des 16. März, wie dem heutigen, dann
m. H., — vertrauen Sie dem deutschen Charakter! — wenn irgend eine Na-
tion der Welt, dann werden Sie den Deutschen dazu bringen, daß er los-
schlägt. (Große Unruhe, im Centrum und Ruf: „Den Gefallen wird man
Ihnen aber nicht thun!“) Ja, m. H., losschlägt! Jede Partei muß es sich
gefallen lassen, daß sie zunächst beurtheilt werde nach ihren Mitteln, und zu
diesen gehören die aus der Luft herabkommenden Bullen, die es zur heiligen
Pflicht eines jeden Katholiken machen, einen vereinigten Widerstand gegen
die Gesetze des Staates zu leisten. Solche Bullen muß die Staatsgewalt, die
sich ihrer Pflicht bewußt ist, zurückweisen und ihre Veröffentlichung als Auf-
ruhr behandeln. Wie ist das aber möglich bei der jetzigen Art der Hand-
habung des Art. 15? Es kann sehr leicht sein, obgleich ich es heute nicht
befürworten will, daß die große heute in Scene gesetzte Aktion ein Anfang
der Zurückführung des placet ist. (Unruhe und Ruf im Centrum: Sehr
deutlich!) So deutlich, als ich mich ausdrücken kann. Durch die Mittel, wie
sie hier angewendet worden sind, halte ich den Beweis der Nützlichkeit einer
solchen Maßngel bereits geführt. Alle diese Dinge sind dennoch solche, die
uns immer mit schwerem Herzen abgerungen werden, denn wir wissen sehr