Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Feb. 23.) 83
bericht so schnell wie möglich auf die Tagesordnung komme. Wenn wir
diesem Rathe folgen und schon heut über acht Tage den Gegenstand vor-
bringen, so wird kaum die Möglichkeit vorhanden sein zu einer gründlichen
Vorbereitung der Angelegenheit. Wir wollen uns bei der Verhandlung
keinen Gewissenszwang auflegen, aber wir wollen die Verhandlungen so
führen, daß sie nicht von der viel verbreiteten Erregtheit ziellos umhergetrie-
ben werden, sondern zum Vortheil des Landes ausschlagen. Wenn dieß ge-
schieht, so hoffe ich, daß der Bericht der Untersuchungscommission etwas zu
spät aber am Ende doch zu Ehren kommen wird. Röckerath ):(ultramontan):
werde dem Antrage zustimmen, aber bemerke zugleich, daß ich diese
Zustimmung durchaus nicht auf die Motive ausdehne. Es kommt mir vor
allem darauf an, daß die Sache möglichst klar gelegt werde, damit nicht
Mißbrauch mit dem Bericht der Untersuchungscommission getrieben werden
kann. Hier in diesem Hause wurde der conservativen Partei versteckt die
Mitbetheiligung am Gründerthum vorgeworfen, und wenn dieß hier geschieht,
was wird dann erst im Lande geschehen? Ich glaube es liegt im Interesse
aller Parteien, daß die Sachlage aufgeklärt wird, und ich bin der Ansicht,
daß dieß die Aufgabe der Mehrheit des Hauses schon früher gewesen wäre.
In der Chronologie des Gründerthums lassen sich vom Jahre 1863 an drei
große Hauptperioden unterscheiden. Die erste Periode bis zum Jahr 1867
ist diejenige, in welcher der Dr. Strousberg und Genossen vorzüglich sich
um Eisenbahnconcessionen bewarben und auch mit denselben bedacht wurden.
Man könnte vielleicht unter diese Verhältnisse das Bestreben der HH. Bleich-
röder und Hansemann mit rubriciren; denn dieselben sind den obigen ganz
gleichartig. Es folgt die zweite Periode vom Jahr 1867—1870, wo im
Handelsministerium eine gewisse Abneigung gegen Strousberg eintrat, und
es ihm nicht gelang, auf seinen eigenen Namen die Concessionen zu erlangen,
sondern er hocharistokratische Namen zu Hülfe nehmen mußte. In der dritten
Periode 1870—72 fanden es die aristokratischen Herren für gut, ohne Dr.
Strousberg selbst zu gründen, und es tritt bei dem Minister eine so ent-
schiedene Abneigung gegen Strousberg zu Tage, daß er sogar Concessionen
zurückzog, sobald er hörte, daß Strouzberg mit dem Unternehmen in Ver-
bindung stand. Es ist wohl klar, daß man im Land auf den Gedanken
am, daß man nicht um der Sache, sondern der Personen willen die Con-
cessionen ertheilte. Ich 6| deßhalb wohl sagen, daß man dem Abg. Lasker
Dank wissen muß, daß er durch seine Rede endlich einmal eine Aenderung
geschaffen hat. Es wäre allerdings besser gewesen, wenn schon in der Zeit,
als die faulen Eisenbahngründungen des Dr. Strousberg dem Lande bekannt
wurden, eingeschritten wäre; denn man muß, da doch conservative Namen
genannt sind, da namentlich bei den Enthüllungsreden des Abg. Lasker aus-
schließlich conservative Namen genannt sind, auch der conservativen Parteie
mindestens das zur Entschuldigung zugeben, daß die Gründungen von Strous-
berg viel schlimmer sind als jene; die conservativen Leute waren kleine Sün-
der gegen jenen. Ich will damit die conservativen Gründer nicht in
nehmen, und ich kann sagen, daß es eine Schande für Preußen gewesen ist,
daß so hervorragende. Männer in dieser Weise das wirthschaftliche Interesse
des Landes geschädigt haben. Ich muß weiter sagen, daß wir, die wir die
Opposition im Lande bilden, wir, die wir als Reichsfeinde im Lande ver-
schrieen werden, es in der That nicht begreifen können, wenn der einfluß=
reichste Mann des Landes mit den Männern Verbindungen unterhält, die
ieser Weise compromittirt sind. (Hört!) Auch ich verzweifle nicht an
ber wirthschaftlichen Regeneration Preußens und Deutschlands. Trotz alle
dem was gesündigt worden ist, müssen wir doch gestehen, daß wir im Gan-
zen und Großen noch intact dastehen. Ich erwarte, daß die sachlich Prüfung 6*