Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

110 Nes beaische Reich und seine rinzelnen Glieder. (April 30 — Mai 3.) 
gehabt; der damals angestrebte Erfolg sei auch wirklich erreicht worden. Wenn 
nun auch Frankreich ict nicht bestimmt werde, die titres T-acquits à caution 
aufzuheben, so werde doch eine Unbilligleit ausgeglichen. Die Bedeutung der 
acquits ergebe sich auch aus dem Umstande, daß ein großes Elsässer Eteblisfte 
ment nach Frankreich überfiedeln wolle, um mit Hülfe der acdnits der 
mischen Industrie Concurrenz zu machen. Minister Camphausen: In der 
Annahme der Anträge Löwe's sei der Uebergang zur schutzöllnerifchen Be- 
wegung zu erblicken, welche die Regierung nicht theilen könne. Er betrachte 
die Besserstellung der untersten Volkeschichten als Hauptaufgabe des Staats- 
mannes. Seine frühere Aeußerung: die deutsche Industrie werde in manchen 
Punkten billiger produciren müssen, habe den jetzigen Rückschlag auf allen 
Gebieten nicht berührt. Ob Schutzzoll oder Freihandel, sei in Zeiten wirth- 
schaftlicher Noth stets die brennende Frage gewesen. Die Regierung thue 
giner Partei zu viel, einer anderen zu wenig, wenn sie auf das wirthschaft- 
1h. Nothwendige sich beschränke. Der Reichstag möge der Negierung? ect 
Ich will nochmals nachdrücklich und bestimmt erklären, daß d 
*6 dem Antrage Löwe, soweit er von ihrer Vorlage abweicht, 727 
entgegensteht, und daß sie in der Annahme dieses Antrages Löwe einen Ueber- 
gang zu einer schnhzollnerischen Tendenz finden würde, welche die Regierung 
nicht theilt.“ (Hört“ lint 
ür die Regierung kis die Ablehnung der Vorlage ohne Zweifel eine 
empfind iche Niederlage, und es tritt neuerdings die lebhafte Besorgniß zu 
Tage, daß Camphausen in nicht ferner Zeit in Folge der Lerabe für ihn so 
empfindlich sich wiederholenden Frictionen den mühevollen Versuch, theilweise 
veränderten Gesichtspunkten an maßgebender Stelle unter Aufrechthaltung be- 
währter Grundsätze Rechnung zu tragen, schließlich doch ausgeben und dem 
Beispiel Delbrücks folgen werde. 
30. April. (Deutsches Reich.) Neichstag: zweite Verathung 
des von den Nationalliberalen eingebrachten Initiativantrags gegen 
die Forktdauer des bisherigen Zeugnißzwangs. Derselbe wird trotz 
des Widerspruchs von Seite der Regierung mit großer Mehrheit an- 
genommen. — Zweite Lesung des Budgets für Elsaß-Lothringen. 
1.—9. Mai. (Deutsches Reich.) Der Kaiser besucht die 
Reichslande, namentlich auch Straßburg und Metz, in Begleitung 
des Kronprinzen und Moltke's. Obgleich offiziell nur ein Gelegen- 
heitsbesuch mit vorwiegend militärischem Charakter angesagt ist, so 
gestaltet er sich doch wesentlich überall zu einem förmlichen Feste. 
Namentlich ist das in den Landgemeinden, die der Kaiser besucht, 
der Fall; aber auch in Straßburg ist der Empfang ein durchaus 
befriedigender, was in Metz weniger der Fall ist. Der Kaiser ist 
über die Aufnahme, die offenbar seine Erwartung übertroffen hat, 
sichtlich erfreut. 
3. Mai. (Deutsches Reich.) Reichstag: erledigt in dritter 
Lesung ein Reichspatentgefet nebst Einsetzung eines deutschen Reichs- 
patentamtes und außerdem eine Reihe kleinerer Gesetzesvorlagen, 
worauf er durch die vom Präsidenten des Reichskanzleramts verlesene
	        
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