124 Has bersische Reich und seine einzeluen Glieder. (Juni 18—26.)
definitiv. Die Verhandlungen lassen über die Zwecke und Ziele der
Partei keinerlei Ungewißheit:
Pfarrer Dr. Schäfler aus Ramspau: Unsere Partei dreht sich vor
Allem um drei Punkte. Der erste Punkt ist: Wir wollen Katholiken sein
für uns und im öffentlichen Leben und als solche Einfluß gewinnen auf die
Gesetzgebung und das ganze staatliche Leben; wir wollen das öffentliche Leben
aufbauen auf der christlich-katholischen Grundlage, die uns einzig durch den
Papst gelehrt wird; wir wollen Christus zurückführen in jene Stellung,
welche ihm die Revolution entwunden; denn wir können es nicht leugnen,
das ganze jetzige öffentliche Leben ist heidnisch. Suchen Sie nach in Thron-
reden, Staatsverträgen, Gesehzen, in Wissenschaft und Politik; man spricht
nicht mehr von Christus, der doch der König der Könige ist, man schämt
sich, wenn man das Wort Christ in einer politischen Angelegenheit auf die
Lippen nimmt. Mir müssen aufräumen in uns selber mit jeder liberalen
Faser. Für uns Bayern endlich ist es noch der Kampf gegen die Verpreußung.
Darauf läßt sich unser Programm zurückführen. Daraus allein geht schon
hervor, daß die bayerisch-patriotische Partei sich mit uns nicht deckt. Die ist
ja nach Jörg selbst gar keine Partei, sondern nur eine Vereinigung von
Männern, welche sich zusammengethan haben, um bayerische Rechte gegen
Preußen zu vertheidigen. Das ist das einzige, was sie mit uns gemein hat.
18. Juni. (Deutsches Reich.) Bei einer weiteren Reichstags-
nachwahl im 5. Berliner Wahlbezirk siegt doch wieder die Fortschritts-
partei mit 6246 Stimmen über die Socialisten mit 3217 Stimmen.
22. Juni. (Elsaß--Lothringen.) Dem Bischof von Straß-
burg wird die Wiedereröffnung des vor mehreren Jahren geschlossenen
sog. kleinen (Prediger-) Seminars gestattet, doch nur unter der Be-
dingung, die das Gesetz erfordert, daß nunmehr dieses Institut der
weltlichen Inspection unterzogen werden darf.
24. Juni. (Preußen.) 19 Mitglieder des Provinziallandtags
von Posen protestiren in einer, übrigens in deutscher Sprache ab-
gefaßten Zuschrift an den Landtagsmarschall gegen den Ausschluß
der polnischen Sprache aus den Verhandlungen des Landtags nach
dem Amtssprachengesetz vom 28. August 1876.
25. Juni. (Bayern.) Die Spaltung zwischen den gemäßigten
und den extremen Ultramontanen verschärft sich. Die ersteren greifen
die letzteren in einer Würzburger Broschüre scharf an; der unter-
fränkische Clerus erklärt sich dagegen durch Unterschrift meist für die
letzteren.
26. Juni. (Preußen.) Die kirchlichen Verhältnisse in Berlin
spitzen sich immer mehr zu.
Gemeindekirchenrath und Gemeindevertretung von St. Jakobi haben
jetzt dem zweiten Prediger daselbst, dem orthodoxen Pastor Disselhof, welcher
ei der Wahl zum ersten Prediger durchfiel und auf der Kreisfynode sich
lebhaft gegen die Bestätigung Hoßbach's aussprach, ein förmliches Mißtrauens-
votum ertheilt. Im Dom hat Hofprediger Kögel neulich die versammelte