138 Des dentsqhhe Reich und seine rinselnen Glieder. (Aug. 26—31.)
die ihre Zeit und ihr Geld dort vertrödeln. Lassen doch sogar die
Bahnen am Sonntag Züge zu ermäßigten Preisen ab, damit die
Landbewohner sich an den Muttergotteserscheinungen erbauen können!
Seitens der ultramontanen Presse wird diese Tendenz natürlich in
jeder Weise unterstützt.
26. August. (Deutsches Reich.) Feierliche Enthüllung einer
15 Meter hohen granitenen Spitzfäule auf dem Burgberge bei Harz-
burg als „Canossa-Säule“, gerade an der Stätte, von welcher aus
Kaiser Heinrich IV. einst den Weg nach Canossa antrat, zur Er-
innerung an die vom Reichskanzler am 14. Mai 1872 im Reichs-
tage ausgesprochenen denkwürdigen Worte: „Nach Canossa gehen
wir nicht!“
28. August. (Preußen.) Die Blätter melden, daß das längst
ersehnte allgemeine Unterrichtsgesetz im Unterrichtsministerium nun-
mehr im Entwurf fertig gestellt sei. Bis zur Vorlage an den Land-
tag hat derselbe indeß noch einen weiten Weg zurückzulegen. Zunächst
soll derselbe den anderen Ressortministern vorgelegt werden, da na-
mentlich der Finanzminister dazu noch ein gewichtiges Wort mitzu-
sprechen haben wird.
30. August — 2. September. (Deutsches Reich.) Der Kron-
prinz des deutschen Reiches und von Preußen inspicirt wie alljähr-
lich die bayerischen Truppen und geht von da zu den großen Ma-
növern am Rhein, zu denen auch der Kaiser am 1. September von
Berlin aus sich verfügt.
31. August. (Preußen.) Gegen den Bischof von Kulm, v. d.
Marwitz, war schon vor längerer Zeit vom Oberpräsidenten wegen
Nichtbesetzung mehrerer Pfarrstellen eine Gesammt--Geldstrafe von 2500
Mark verfügt worden. Da trotzdem bis jetzt diese Pfarrstellen nicht
besetzt sind, ist nunmehr eine Gesammtstrafe von 5000 Mark festgesetzt
worden, mit deren Einziehung die kgl. Regierung in Danzig beauf-
tragt wurde, während dem Bischof gleichzeitig eine abermalige Er-
höhung der Strafe auf 10,000 Mark angedroht wird, falls die Be-
setzung der Pfarrstellen auch innerhalb der nunmehr gestellten Frist
nicht erfolgt.
— August. (Deutsches Reich.) Der bekannte norwegische
Dichter Biörnstjerna Biörnson erläßt an deutsche Blätter ein offenes
Schreiben, in welchem es heißt:
Einer Sache bin ich gewärtig. In Europa sind zwei Lager. Das eine
hat im Vatikan sein Hauptquartier, das andere in Berlin. Das eine schickt
unaufhörlich Boten und Proclamationen, das andere schweigt. Dies Schweigen