140 P6 besische Reich und seine eiszelnen Glieder. (Aug. Ende — Sept. 5.)
— August. (Preußen.) Eine kagl. Verordnung verfügt mit
Bezug auf die neue Synodalordnung, daß mit dem 1. Oktober 1877
die Verwaltung der Angelegenheiten der evangelischen Landeskirche,
soweit sie bisher von dem Cultusminister und von den Regierungen
geübt worden ist, nach Maßgabe des Gesetzes vom 3. Juni 1876
auf den evangelischen Oberkirchenrath und die Consistorien als Or-
gane der Kirchenregierung übergehen solle.
2. September. (Deutsches Reich.) Der Sedantag wird in
allen großen Städten und in einer langen Reihe von kleineren Städten,
ja selbst in größeren Ortschaften unter lebhafter Theilnahme festlich
begangen. Nur die Ultramontanen und die Sozialisten halten sich
von der Feier demonstrativ fern.
3. September. (Deutschland.) Zusammentritt des Verbands-
tages deutscher Genossenschaften in Mainz. Schultze-Delitzsch, der
Gründer derselben, ist in der Lage, auch dieses Jahr wiederum eine
ansehnliche Vermehrung der Zahl deutscher Genossenschaften zu con-
statiren. Die Verfammlung beschäftigt sich auch mit der zur Zeit
in der öffentlichen Meinung und in der gesammten Presse vielfach
und nachdrücklich behandelten Frage der Waaren= und Lebensmittel-
fälschung.
4. September. (Hessen.) Da die hessische Regierung den zum
Kapitularvikar ernannten Domkapitular Moufang in dieser Eigen-
schaft nicht anerkennen will, weil derselbe auf eine Anfrage, ob er
die hessischen Maigesetze annehme, keine das Gouvernement befriedi-
gende Antwort ertheilt habe, so betont das Domkapitel dem gegen-
über, daß auf Grund der bestehenden Verträge und des Kirchen-
rechtes die Wahl des Kapitularvikars von der Zustimmung des
Ministeriums durchaus unabhängig, mithin der Einspruch der Be-
hörde rechtlich nicht haltbar sei. Die hessische Regierung beharrt
jedoch auf ihrem Standpunkte und läßt sich in ihrem staatlichen
Rechte vom Kirchenrecht nicht beirren.
5. September. (Preußen.) Bei seinem Besuche am Rhein
empfängt der Kaiser in Benrath 24 Vertreter der evangelischen Geist-
lichkeit, worunter sämmtliche 14 Superintendenten der Regierungs-
bezirke Düsseldorf, Köln und Aachen.
Auf die Anrede derselben erwiedert der Kaiser zuerst in längerer, un-
ezwungener Rede, um dann jeden Einzelnen der Theilnehmenden sich vor-
tellen zu lassen. Die eigentliche Bedeutung der Audienz liegt indeß in einer
längeren, für Alle bestimmten Rede, indem der Kaiser darin Veranlassung
nimmt, über die brennendsten Tagesfragen auf kirchlichem Gebiete sich in