Das betsche Reich und seine einfelnen Elicder. (Okt. 30. — Erde.) 163
mal gescheiterten Gesebentwurf die Debatten ohne jede Aufregung verliefen,
kommt es diesmal bei dem scheinbar vorzugsweise technisch-administrativen
Gegenstande zu starken Angriffen gegen die innere Politik der Regierung, so
daß die Verhandlungen gewissermaßen als eine Fortsetzung oder Ergänzung
der Debatte über die Verwaltungsreform zu betrachten sind. Mehrere Redner
geben der entschiedenen Uebergeugung Ausdruck, daß einer Wegeordnung erst
eine Landgemeindeordnung vorausgehen müsse. Schließlich wird die Vorlage
an eine Commission von 28 Mitgliedern gewiesen, die jedoch, nach der Stim-
mung des Hauses zu urtheilen, den Entwurf entweder gründlich umarbeiten
oder Abbehnen dürfte.
30. Oktober. (Sachsen.) II. Kammer: Vorberathung des
Budgets, das ein durch Steuern zu deckendes Defizit von 22,704,425
Mk. ausweist.
Dieselbe gibt dem Ministerpräsidenten v. Nostig= Wallwitz wieder einmal
Gelegenheit, den particularistischen Standpunkt der Regierung zu betonen und
dafür den lebhaften Dank der Majorität des Hauses in Empfang zu nehmen.
Nachdem der Abg. Krause als die Hauptursache der ungünstigen Finanglage
den vom vorigen Jahre aus ungerechtfertigtem Mißtrauen gegen das Reich
beschlossenen Antauf der Privatbahnen bezeichnet hatte, erklärt der Minister=
präsident: „daß die Regierung sich vollständig zu der Politik bekenne, die sie
E— befolgt habe, und daß sie die feste Absicht habe, diese Politik auch
Bza die Zukunft zu befolgen. Die Regierung habe stets auf das Gewissen-
boftente ihre Pflichten gegen das Reich erfüllt, sie sei der Reichsregierung mit
demselben Vertrauen entgegengekommen, mit welchem ihr von Seiten der
Reichsregierung begegnet werde. Allein die sächsische Regierung werde fort-
fahren, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln diejenigen Rechte Sachsens
zu vertheidigen, die Sachsen bedürfe, um seine seitherige ehrenvolle Stellung
in der Mitte der deutschen Bundesstaaten zu behalten. Von diesem Gesichts-
punkte aus würde die söchsische Regierung sogar vollständig entschuldigt und
erechtfertigt sein, wenn sie dem Lande Opfer angesonnen hätte, um die Eisen-
gahnen zu behalten; denn die Eisenbahnen seien das wichtigste Fundament
der Existenz und Wirksamkeit der deutschen Mittelstaaten im Kreise der deut-
schen Reichsverfassung.“
31. Oktober. (Waldeck.) Eröffnung des Landtags durch den
preuß. Regierungedirektor v. Sommerfeld:
„Bei Eröffnung der vorjährigen Landiagsihung beehrte ich mich, Sie
davon in Kenntniß zu seßen, daß der zwischen Preußen und Waldeck-Pyrmont
im Jahre 1867 abgeschlossene Accessions= ertrag von Seiten Preußens zum
1. Jannar 1878 gekündigt worden sei, daß jedoch die kgl. preußische Nezie,
rung gleichzeitig ihre Bereitwilligkeit, zur anderweitigen vertragsmäßigen
gelung des bisherigen Vefältnifses lundgegeb en habe. Die gegenwärtige Lage
der in Folge dessen eingeleiteten Verhandlungen berechtit zu der Hhoßfaung=
daß ein den Landesinteressen Rechnung tragender neuer Vertrag wegen Fort-
führung der Verwaltung der Fürstenthümer durch Preußen zu Stande kom-
men und daß es möglich sein wird, denselben Ihnen binnen kurzem zur Ge-
nehmigung iorzwlegen, Dagegen sieht die Regierung sich genöthigt, die Vor-
lage des Etats für die mit dem 1. Januar 1878 beginnende neue Finanz-
periode °# Fürstenthümer vorläufig hinauszuschieben, da der Inhalt dieses
Etats in den wesentlichsten Punkten von der vorgängigen definitiven Erledi-
gung der erwähnten Vertragsfrage abhängig ist.
— Oktober. (Deutsches Reich.) Anknüpfend an die große
11“