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liberale Correfeent Völk zu folgendem Rezultat: bei Art. 27 sei dem Vor-
schlage nicht beizutrrien. sendern dem Negierungs-Entwurfe zuzustimmen.
Begründung: Der Vorschlag des Berichterstatters zu diesem Artilel enthält
einen wenig vorschleierten Antrog auf Ablehnung des Gesetzes, wenn er die
Einführung desselben -von der vollständigen Organisation der Verwaltungs-
behörden abhängig macht, „welche die Bewilligung des Londtags innerhalb
seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeit gefunden hat“. Die vorliegende Re-
daction läßt vollständig unklar, wann das Gesetz fodann in Wirksamkeit
treten joll. Unklar ist schon, was sich der Berichterstatter unter der „ver-
fassungemößigen Zuständigkeit“ in der Frage der Aenterorganisation denkt.
welche Listien in Bayern unbestritten zu den Rechten der Krone ge-
hört. Der Auedruck „Billigung des Landtages“ ist ebenfalls neu und nicht
klar, ob darunter Zustimmung zu einem Cganisetienegese,h F Bewiligung
der Mittel für eine Organisation zu verstehen 7 Ferner läßt si
fragen, wann denn eine Neorganisation der — aller? — Verwaltungsbehor,.
den als eine „vollständige“ angesehen werden könne! Darüber können doch
die Anschauungen sehr verschieden sein, und es hat gewiß auch eine Berech-
tigung, welche annähme, daß eine solche Organisation gar nie „vollständig“
werde, sondern eine jede Organisation immerwährenden Veränderungen unter-
liege und schon ihrer Natur nach nie abgeschlossen werden könne. Der frag-
liche Vorschlag eignet sich also schen seiner Fassung wegen nicht zur zweifel-
losen Bestimmung des Tages, an welchem der Vewwaltungsgerichtsbof in's
Leben zu treten hat. Hievon aber abgefehen ist daran festzuhalten, daß die
Einführung der Verwaltungsrechtsprechung mit dem obersten Gerichtshof eben
der erste nothwendige Schritt zur Klärung und Bildung unseres Verwal-
tungsrechts und damit die Voraussetzung, ja Bedingung weiterer gedeihlicher
Entwicklung auf dem Gebiete der Verwaltungsorganisation ist. Hätte man
im Jahre 1869 den Verwaltungegerichtshof auch mit seiner beschränkteren
Zuständigkeit angenommen, dessen Rechtsprechung würde vieljach Klarheit in
die Verworrenheit unseres Verwaltungzrechte gebracht, zur Fortbildung des-
selben beigetragen, die Schäden und Mängel aufgedeckt und uns bis heute
einen Zustand geschaffen haben, auf welchem wir als Grundlage fortbauen
könnten. War damals das anerkannt Bessere der Feind des Guten, so würde
das heute in höherem Maße der Fall sein. Inmieweit die Vorschläge des
Berichterstattere auf Verminderung der Kreieregierungen, der Bezirksämter,
Land= und Bezirkegerichte Anspruch auf Berücksichtigung haben, ist
heer ta zu untersuchen; hängt dies doch mit der bevorstehenden Reichs-
gerichtsorgehisation auf das Innigste zusammen. Soviel aber ist sicher: daran
den Verwaltungsgerichtshof heute hängen zu wollen, heißt deutlich: denselben
gar nicht wollen. Kommen wird er doch, weil er kommen muß, da, wie
nachgerade allgemein anerkannt wird, ja die Verwaltungsrechtspflege ein noth-=
wendiger Bestandtheil unseres Nechtslebens im freiheitlich geordneten Staate
ist. Verschieben wir aber seine Einführung, so verlieren wir eben wieder
kostbare Jahre der vorbereitenden Entwicklung und der Klärung und Fest=
stellung unseres Verwaltungsrechtes. Davor möchte ich unser Land bewahren.“
10. November. (Preußen.) Das Kreisgericht Kassel entscheidet
in dem Prozesse der kurhessischen Agnaten in erster Inslanz gegen
die preußische Regierung,
indem es das kurfürstlich hessische Haus-Fideicommiß (eine Anzahl
Schlösser, Gebände, Parks 2c.) als Piivateigenthum der kurhessischen Familie
anerkennt, im Widerspruch mit der Rechtsansicht der preußischen Regierung,
daß die Ausstattung des Kurhauses mit diesem Besitz nur darin ihren Grund