Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

Ba besise Reich und seine einzelnes Glieder. (Dez. 4—5.) 187 
sei nicht möglich; es könne sich nur um einen Arbeitsplan handeln. Die 
Regierung sei entschlossen, Gesetzentwürfe auszuarbeiten, welche bestimmt sren. 
eine Ausdehnung der Kreis= und Provinfalorduung auf den Rest der 
narchie zu bilden. Daß man sich hiebei an die conercten Verhältnisse an 
lehnen müsse, sei selbstverständlich. Hiezu würde man sich überall mit No- 
tabeln in Verbindung setzen. Die Staatsregierung werde zugleich ein Gesetz 
über die Neuregelung der Staatsverwaltungsbehörden im Zusammenhange 
mit den Inslitutionen der Selbstverwaltung vorlegen und hiebei die gesammte 
Zuständigkeitsfrage erörtern müssen. Was die Beschwerden über die Neu- 
organisation anbelreffe, so gebe er zu, daß dabei deren Unfertigkeit, sowie 
Uebertreibungen, Gegnerschasten und Unebenheiten der Ausführung mitwirken. 
Es bleibe aber ein Rest von Beichwerden, deren Abstellung das gesammte 
Land von der Gesetzgebung erwarte. Die Grundgedanken der neuen Gesetze 
seien richtige. Wenn man davon durchdrungen sei, werde man wünschen 
müssen, daß die Gesetze feste Wurzel schlagen. Hievon auegehend werde dee 
Regierung bei der Uebertragung der Zustände der Kreisordnung 2c. auf 
westlichen und die neuen Provinzen die Einführung des Beamtenthums m 
die neue Organisation vornehmen und ohne Erschütterung der Grundlagen 
das Mangelhafte für die gesammte Monarchie ändern. Für die Emancipation 
und Decentralisation, welche in der endlichen Regelung der Gemeindeordnung 
zum Auedruck komme, sei eine Neuorganisation der Staatsämter unerläßliche 
Voraussehzung. Daß die angekündigten Gesetze schon der nächsten Session vor- 
gelegt werden, könne er nicht bestimmen, ebensowenig aber O# ausgeschlossen 
erklären. Der Minister protestirt gegen die Auffassung, als ob in seinem 
Auftreten beim Beginn der Session eine anticipirte Besihergreifung! des Ressorts 
des Innern liege. Er habe allerdings seine Geschäfte geführt, als sei er Be- 
sitzer des Ressorts, dies habe ihm verfassungsmäßig und pflichtmäßig geschienen. 
Wie lange seine Geschäftsführung daure, sei ihm indifferent. Veispeelkos 
unbillig sei es, die Schwierigkeiten, welche er vorgefunden, ihm zur Last zu 
schreiben. Der Minister schließt: „Ich habe mich niemals durch etwas anderes 
leiten lassen, als durch meine Amtspflicht und durch die Ueberzeugung von 
dem, was für das Wohl des Baterlandes ersprießlich ist. Von diesen Ge- 
danken war ich stets geleitet, sie wann grundlegend bei dem Ihnen vorge- 
legten Plaue, von dem ich hoffe, er Ihre Billigung finden und zum 
Mohle des Vaterlandes gereichen wa “ 
Der Gesetzentwurf und ebenso derjenige betr. Communalbesteue- 
rung werden an Commissionen von 14 und von 21 Mitgliedern 
gewiesen. Beide haben augenscheinlich nur wenig Aussicht, in dieser 
Session erledigt, geschweige denn ohne tief greifende Modificationen, 
zu denen sich hinwiederum die Regierung kaum verstehen wird, an- 
genommen zu werden. 
4. Dezember. (Waldeck.) Landtag: verwirft den mit Preußen 
abgeschlossenen neuen Accessionsvertrag seinerseits mit allen gegen 
1 Stimme, wofern nicht der dem Fürslen darin zugestandene Vor- 
behalt, eventuell den Vertrag zu kündigen, wesentlich beschränkt werde. 
5.—6. Dezember. (Preußen.) Abg.-Haus: Debatte über 
den Antrag von Richter-Hagen über den sog. Welfenfonds: 
Richter: Das Ministerium sei verpflichtet, über die Verwendung des 
Welfenfonds Rechenschaft abgulegen: dieser werde zur Bestechung der Presse
	        
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