Bie Gesterreichisch-Anzarische Mesarir. (Jan. 9—23.) 203
die durch Kossuth so tief verletzte Kronc stellen kennte. Der Ex-Gouverneur
wies aber jeden versöhnlichen Gedanken mit Entschiedenheit von sich; seine
Thtreichen Episteln athmen dieselbe feindselige Gesinnung gegen das Haus
Ocsterreich, dieselbe Opposition gegen die neue staatsrechtliche Ordnung in der
habsburgischen Monarchie. Und trotz alle dem glauben jetzt nicht nur sonst
untadelhaft loyale Männer an diese Rückkehr, sondern — was noch bedeu-
tungsvoller ist — sie wünschen dieselbe sogar. Das „geachtetste und ver-
breitetste“" ungarische Volksblatt, dessen „loyale und maßvolle“ Gesinnung
man rühmt, sehnt die Heimkehr des v-großen Verbannten“ mit „stete wach-
sender Pietät“ herbei; es sieht darin „eine höhere Hülfe gerade in dem Au-
genblick, da die Gefahr am größten isi-. — Kossuth macht indeß selbst dem
Schwindel ein Ende, indem er das Mandat und die Einladung ablehnt.
9. Januar. (Oesterreich: Dalmatien.) Die Centralregierung
ernennt den Präsidenten und Vicepräsidenten des dalmatinischen Land-
tags: beide gehören der flavischen Nationalpartei an. Die Art, wie
sich die Wahlen vollzogen haben und die Leidenschaft, mit welcher
die slavische Majorität bei der Verification der Mandate gegen das
gebildete, wohlhabende, verfassungstreue italienische Bevölkerungs-
Element vorgeht, zeugt von der Gährung, welche sich der Gemüther
der panslavistischen Bevölkerung bemächtigt hat. Die deutsch.-öster-
reichische Presse sieht darin eine große Gefahr; die Organe der Re-
gierung trösten sie damit, daß die flavischen Wortführer in Dal-
matien „auch“ verfassungstreu geworden seien.
13. Jannar. (Oesterreich: Böhmen.) Der General Tscherna-
jeff, der russische Anführer der Serben im vorjährigen Kriege gegen
die Türken, wird, um den panflavistischen Demonstrationen ein Ende
zu machen, aus Prag und Böhmen ausgewiesen. Er widersett sich
und muß von der Polizei unter Militärassistenz gegen den czechischen
Pöbel mit Gewalt in einen Wagen gebracht werden.
23. Januar. (Oesterreich: Tyrol.) Ein kais. Patent ver-
fügt die Auflösung des Landtags und die Ausschreibung von Neu-
wahlen.
Nachdem der Tyroler Landtag am 9. März 1876 „wegen pflichtwidri-
gen Benehmens der Majorität“ geschlossen worden, ohne daß durch ein Gesetz
über die Landesumlage für die Bestreitung der Landesbed ürfnisse vorgesorgt
war, hatte die clericale Majorität des Tyroler Landeausschusses unter Protest
der Minorität den Beschluß gefaßt, auf eigene Faust die Landesumlage aus-
zuschreiben, und zwar in einem höheren Ausmaße, als die vom k#ncge
zuletzt votirte Umlage bemessen war. Che jedoch dieser Beschluß die kaiser-
liche Genehmigung erlangte, erhob sich eine Heoe heftige Opposition im Lande,
welche die Verfassungsmäßigkeit desselben auf das Lebhafteste bestritt. Einem
Proteste des liberalen Landesausschuß-Mitgliedes Dr. Blaas schlossen sich
sämmtliche liberale Landtags-Abgeordnete an; in der Presse, in den Vereinen
wurde die Rechtmäßigkeit des Landesausschuß-Beschlusses bestritten; der libe-
rale Innsbrucker Gemeinderath verweigerte die Ausführung desselben. Die
Regierung selbst, sonst so langmüthig und geduldig gegenüber allem Ueber-