Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

Vie Geserreichisch-Anserische Mesarhie. (Febr. 10—14.) 205 
Verhandlung war nahe daran, an diesem Punkte zu scheilern. Da tauchte 
von nentraler Seite ein Vermittlungsvorschlag auf, welcher das Prinzip, daß 
im Generalrathe nicht mehr als vier Ungarn sitzen dürften. während acht 
Mitglieder Oesterreicher sein müßten, zu beseitigen trachtete. Es sollen näm- 
lich im Generalrathe vier ungarische und vier österreichische Direktoren obligat 
sein; die anderen vier Mitglieder sollten, ohne Rücksicht darauf, ob sie Oester- 
reicher oder Ungarn wären, gewählt werden, so daß auch von diesen vier 
Stellen die Ungarn nicht ausgeschlossen wären. Die ungarischen Minister 
bemerkten diesem Vorschlage gegenüber sofort, es sei wohl vorherzusehen, daß 
in der Praxis auch diese vier Stellen mit Oesterreichern besetzt sein würden, 
obwohl sie auch mit Ungarn befett, werden kopnten; indessen scheine dadurch 
Mindestens die Parität gewahrt. Ehe jedoch die ungarischen Minister diesem 
Vorschlage gegenüber definitiv Stellung Mohmen, wünschten sie zu wissen, wie 
sich die Leiter der Nationalbant zu demselben verhalten würden. Diese lehnten 
ledoch den Vorschlag ab 
10. Februar. (Ungarn.) Abg.-Haus: Tisza richtet eine Zu- 
schrift an das Haus, welche ihm mittheilt, daß das Ministerium 
seine Demission gegeben habe und dieselbe vom Kaiser am 8. Febr. 
angenommen worden sei. 
Tisza motivirt darauf in längerer Rede den Grund der Demission, in- 
dem er den Gang der Ausgleicheverhandlungen recapitulirt und constatirt, daß 
dieselben bei der Frage wegen der Constituirung eines Centralorgans der Na- 
tionalbank gescheitert seien. Hierbei sei die Regierung einem Verlangen begegnet, 
welches sie nach ihrer Ansicht ohne Schädigung des staatlichen Ansehens nicht 
habe annehmen können. Die Regierung müßte demnach versuchen, ob sie nicht 
die Errichtung einer selbständigen Bank in Angriff nehmen könnte. Niemand 
habe das Recht des Landes hierzu angezweifelt, und wenn dies geschehen wäre, 
hätte der König von Ungarn vereint mit der ganzen Nation dieses Necht 
vertheidigt. Allein die Brdenken des um das Wohl der Belammtmonarchie 
wie um das Landeswohl besorgten Fürsten seien so groß gewesen, daß 
Cabinet dieselben nicht zu verscheuchen vermocht. Das Ministerium b6?5 
daher seine Demission gegeben und ersucht das Haus, seine Sitzungen zu 
suspendiren, bis der Kaiser bezüglich einer neuen Regierung verfügt habe. 
11. Februar. (Ungarn.) Die nach Konstantinopel gegangene 
Studenten-Deputation trifft wieder in Pesth ein, wo sie von einem 
ungeheuren Menschenandrang emxfangen wird. 
13. Februar. (Ungarn.) Der Kaiser hat mit Sennyay und 
Majlath und darauf mit Bikto, Ghyczy und Szlavy wegen Bildung 
eines neuen Cabinets conferirt, aber von allen die Antwort erhalten, 
daß sie sich außer Stande sähen, unter den gegebenen Verhältnissen 
die Cabinetsbildung in die Hand zu nehmen; der Kaiser beauftragt 
daher Tisza neuerdings, ein Cabinet zu bilden. Tisza übernimmt 
den Auftrag. Durch seine Demission hat er jedenfalls klug operirt 
und dadurch seine bereits wankend gewordene Popularität in Ungarn 
mit Einem Schlage wieder hergestellt. 
14. Februar. (Oesterreich.) Abg.-Haus;: bewilligt seinerseits 
doch gegen den Antrag seines Ausschusses den von der Regierung
	        
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