16 Allgemeine Chronik.
15. Juni. (Deutsches Reich: Preußen.) Der Kaiser lehnt die Entlassung
des orthodoxen Consistorialrath-Präsidenten Hegel ab. Als eine Art
Gegengewicht wird dagegen unter dem 9. Juli der Präfident des
Oberkirchenraths, v. Hermann, zu wirklichen Geh. Rath mit dem
Prädicat Excellenz ernannt. Der Kaiser geht zur Badekur nach Ems.
Vorher versammelt er noch das Staatsminissterium um sich und spricht
sich zu demselben sehr ernst gegen die auflösenden Tendenzen inner-
halb der evangelischen Landeskirche aus.
Mitte „ „ (Spanien.) Die Regierung erhöht eine Reihe von Eingangszöllen
und stellt sich entschieden auf den Standpunkt des Schutzzollsystems.
15. „ (Italien) Dep.-Kammer: genehmigt eine Ermäßigung der Ein-
kommensteuer.
Senat: unterwirft auch das Einkommen der Priester, selbst die
sog. Meßstipendien der allgemeinen Einkommensteuer von 13 2/3 Proz.
Mitte „ (Pforte.) Für die Ausbringung weiterer Streitkräfte fängt
Pforte bereits an, an Menschenmaterial zu gebrechen, zumal sich
die Christen dem Kriegedienst vollständig entziehen. — Die Forderungen
der Kretenser werden abgelehnt und diese zu einer Deputation nach
Konstantinopel aufgefordert; die Christen gehen jedoch darauf nicht ein.
„ „ (Verein. Staaten.) Die neue Politik des Präsidenten Hayes gegen-
über den Südstaaten hat allen Anschein zu gelingen. Die bisherige
Aufregung legt sich sichtlich.
16. „ (Russ-türk. Krieg II.) Die Russen unter Tergusakoff schlagen die
Türken bei Delibaba und stehen nur noch 10 Meilen von Erzerum.
Sie hoffen, dieses vielleicht durch einen Handstreich nehmen zu können:
das Schicksal Armeniens scheint nur noch an einem Faden zu hängen.
„ „ (Deutsches Reich.) Eine zahlreiche Versammlung von Schutz-
zöllnern in Frankfurt verlangt vom Kaiser die Anordnung einer
Enquete.
„ „ (Frankreich.) Wiederzusammentritt der Kammern. Die Regierung
wartet das Mißtrauensvotum der Dep.-Rammer nicht ab: eine Bot-
schaft Mac Mahon's verlangt vom Senat die Auflösung der Dep-
Kammer und die Anordnung von Neuwahlen.
„ „ (Italien.) Vertagung der Kammern bis zum November. Die
Finanzreform ist inzwischen ein bloßer Wunsch geblieben.
17. „ (Russ.-türk. Krieg lI.) Die Türken ermannen sich und es fängt
ein Umschlag an einzutreten. Die Türken nehmen Bajazid wieder:
nur die Citadelle bleibt in den Händen der Russen.
19.„ (Frankreich.) Dep.-Kammer: beschließt mit 363 gegen 158 Stimmen
ein motivirtes Misttrauensvotum gegen das Cabinet Broglic-Fourton.
21. „ (Russ.-türk. Krieg I.) Die Russen gehen bei Galaß ohne Störung
Seitens der Türken über die Donau. Die türkische Donauflotille hat
hat sich unfähig gezeigt, den Brückenschlag der Russen zu verhindern.
21.— 22.Juni (Russ.- Krieg II.) Die Türken unter Mukhtar P.
schlagen die Russen unter Terkusakoff und zwingen ihn, den Rückzug
über den Goghamlu-Dagh anzutreten.
„ Juni. (Frankreich.) Senat: genehmigt die von der Regierung gefor-
derte Auflösung der Dep.-Kammer mit 149 gegen 130 Stimmen.
Dep.-Kammer: verweigert der Regierung die von ihr geforderte
Bewilligung der direkten Steuern mit 364 gegen 160 Stimmen
22.—24. Juni. (Russ.-türk. Krieg: Montenegro.) Suleiman P. dringt sieg-
reich in Montenegro ein; dagegen wird der andere türkische Comman-
dant, Ali P., von den Montenegrinern geschlagen, worauf sich auch
Suleiman nach Albanien zurückzieht.
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