258 Grahbriltannien. (Juli 9. — Enbe Aug.)
9. Juli. Unterhaus: genehmigt das vom Oberhaus bereits
angenommene südafrikanische Conföderations-Gesetz einschließlich der
Einverleibung der Republik Transvaal, welche nur 40,000 Weiße,
dagegen 1 Million schwarze Bevölkerung zählt.
14. Juli. Der Senat der Londoner Universität beschließt mit
großer Mehrheit, auch Frauen zu den Studien an derfelben zu-
zulassen.
20. Juli. Unterhaus: lehnt mit 235 gegen 77 Stimmen die
Freilassung der gefangenen Fenier ab.
30. Juli. Die Regierung verstärkt die Garnisonen von Malta
und Gibraltar und beginnt große Kriegsvorräthe an beiden Orten
aufzustapeln.
14. August. Schluß der Parlamentsfession durch eine ziemlich
farblose Thronrede.
Dies Resultat der Session ist in legislatorischer Beziehung ein höchst
unbedeutendes: außer dem südafrikanischen Conföderationsgesetz gingen nur
einige unbedentende Maßregeln aus ihr hervor. Aber gesprochen wurde in
beiden Häusern unendlich viel über die orientalische Frage. Die Majoritöt
stand dabei offenbar auf Seite der Regierung, zumal die Opposition unter
sich nichts weniger als einig war. Doch hat die Regierung aus den Debatten
klar und deutlich entnehmen können und augenscheinlich auch wirklich ent-
nommen, daß an eine materielle oder auch nur moralische Unterstützung der
Türkei Seitens Englands nie mehr gedacht werden könne. In der öffent-
lichen Meinung hat übrigens angenblicklich eine ruhigere Stimmung in Bezug
auf die Orientfrage die Oberhand gewonnen; besonders zwei Factoren haben
zu dieser Thatsache viel beigetragen. In erster Linie sind es die Erfolge der
Türken auf den beiden Kriegsschauplätzen. Die unerwartete Schwäche der
russischen Streitkräfte und die schlechte Leitung haben die Möglichkeit der
Verlehung englischer Interessen und so den Vorwand einer kriegerischen Inter-
vention in die Ferne gerückt. Ebenso nimmt man an, daß der Krieg loca-
lisirt bleiben und weder Serbien noch Griechenland, viel weniger eine der
Großmächte in den Kreis der Kriegführenden werde gezogen werden. Trogt-
dem nahmen in beiden Häusern des Parlamentes auch in den letzten Monaten
die Interpellationen über die sich von Tage zu Tage entwickelnden Momente
der orientalischen Frage lein Ende, ohne indeß über die eventuelle Haltung
Englands und seiner Negierung in derselben neues Licht zu verbreiten. Bis
zu Ende stand fest, daß im Unterhause eine größere oder kleinere Mehrheit
entschieden zur Regierung stehen werde, sobeld dieselbe sich entschließen würde,
eine activere Politik zu inauguriren, daß aber vorerst in der Regierung feloft
noch verschiedene, Strömungen —. Beaconsfield, Northcote 2c. auf der einen,
Carnarvon, Derby und Salisbury auf der andern — beständen und daß die
Nation jedenfalls in ihren Anschauungen stark auseinander gehe.
— August. In einem Theile Ostindiens herrscht wieder eine
förmliche Hungersnoth. In den Gebieten um Madras soll vom
Dezember 1876 bis Juli 1877 eine halbe Million Menschen zu
Grunde gegangen sein und anderthalb Millionen empfangen Unter-