268 Frankreichk. (April Mitte 18.)
Die Bureaur werden dabei geschäftsordnungsmäßig nicht erneuert.
Von den bisherigen Präsidenten gehören 40 der republikantschen Partei, 47
der anti-republikanischen Opposition an. Im Schoß der Generalräthe selbst
stellt sich dieses Verhältniß noch ungünstiger. Um so mehr sind die im
August stattfindenden theilweisen Neuwahlen der Generalräthe und die Ver-
sfassungsbestimmung, wonach im November etwa 33,000 Gemeinden ihre
Maires und Gemeinderäthe neu zu wählen haben, von erheblicher Bedeutung.
Wenn in diesen zwei großen Proben auf dem Gebiete der Selbstverwaltung
die Republikaner die Mehrheit erringen, so schwindet ein gewaltiger Theil
der Schwierigkeiten, welche bis jetzt noch die durchgreisenden Reformen und
die Intentionen der republikanischen Regierung lahm legen und hindern.
Die Oppositionsparteien begreifen freilich ihrerseits nicht minder die große
Gefahr, welche ihrer Stellung im Lande durch jene Wahlen droht und ouch
sie rüsten sich, Alles für ihre Partei-Propaganda und den Parteikampf dabeie
einzusetzen. Das Resultat wird und muß sonach in gewisser Beziehung ein
entscheidendes für die Zukunft der Republik sein.
Mitte April. Augenscheinlich hat sich des Landes eine allge-
meine Gährung bemächtigt.
Auf der einen Seite die Schilderhebung der Clericalen, auf der andern
die Thatsache, daß in leyter Zeit bei mehreren Ergängungswahlen zur De-
putirtenkammer der Wahlkampf sich zwar bloß zwischen den Republilanern
bewegte, der Sieg aber regelmäßig den Intransigenten der äußersten Linken
blieb, machen die Stellung des Ministeriums Jules Simon allmälig zu einer
äußerst schwierigen, zumal er fortdauernd auch gegen die geheimen Einflüsse
im Elysce zu kämpsen hat und sich auf den M#schan rheo ganz und
gar nicht sicher verlassen kann. Dagegen schließen sich die gemäßigten Frac-
tionen der Republikaner um so enger an einander und an die Regierung an
und sind entschieden für unbedingte Neutralität sowohl in der orhemtalisgen
Krage als gegenüber Italien. Selbst die orleanistischen Constitutionellen er-
lären sich gegen die clericale Schilderhebung. Die äußerste Linke verlangt
aber ein radicales Vorgehen gegen die Ultramontauen und Royalisten und
bedroht damit die bisherige Einigkeit der drei republikanischen Gruppen der
Majorität der Deputirtenkammer.
18. April. Erst jetzt beschließt ein außerordentlicher Minister-
rath über die Fassung des Schreibens, welches der Justiz= und Cult-
minister Martel an den Bischof von Nevers richten soll.
" Das Schreiben soll vertraulich sein, in der Form artig lanten, aber
in der Sache fest. das Bedauern aussprechen, daß der Bischof unter den jepj-
gr Verhältnissen einen Brief solcher Art veröffentlicht habe, welcher eine
acht, mit der die französische Regierung die freundschaftlichsten Beziehungen
unterhalte, zu verstimmen geneigt u
Das Amtsblatt veröffentlicht ein Rundschreiben des Justiz-
ministers an die Erzbischöfe und Bischöfe wegen des Unfugs, den
einige derselben sich zu Schulden haben kommen lassen, indem sie die
Erlaubniß ertheilten, daß in Kirchen kirchenpolitische (ultramontane)
Vorträge von Laien gehalten werden dürften, und zugleich eine erste
Abtheilung von Entlassungen und Versetzungen im Richterpersonal.
Die republikanische Presse findet das Rundschreiben sehr correkt, er-
klärt dagegen die Maßregel bezüglich des Justizpersonals für sehr