Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

284 Erssbreich. (Juli 8—9.) 
ist um so schwächer geworden, je einiger und l lossener die Kssehanerlant n 
ist, welche jetzt alle Republikaner Frankreichs bilden. Und diese Ligue war 
schon dadurch geschwächt, daß man die Unklugheit beging, in die neue Com- 
bination keinen gemäßigten Republikaner aufzunehmen. Die Ligue hat auf- 
gehört, eine sociale zu nein, sie ist nur noch eine politische Coalition. Alle 
Conservativen ohne Unterschied der Parteifarbe hätten sich um den Marschall 
sammeln müssen, der das Symbol der sozialen Rettung gegen die anwachsende 
Revolution geworden ist. Allein man vermindert unsere Armee, man be- 
raubt sie des Contingents der gemäßigten Republikaner, welches doch so 
nöthig und so berechtigt ist. Und dann höre man die hadernde Sprache, die 
einander widersprechenden Losungsworte der Parteien, die sich jenem Sym- 
bole angeschlossen haben! Man schaart sich wohl um Mac Mahon, man 
will zwar unter seinem Oberbefehle kämpfen, aber man trägt Sorge, das 
Publikum zu warnen und den Freunden zuzurufen, daß dieser Name Mac 
Mahon nur pro forma da ist, daß man in Wirklichkeit für den Grafen 
Chambord oder den kaiserlichen Prinzen kämpfen wird. Mit dem Namen 
des Marschalls wird man die Wähler zu gewinnen und zu verführen suchen; 
aber man glaubt nicht an diesen Namen. Es ist ein bloßer Köder. ie 
sollte nicht jeder gute Bürger mit Trauer und Furcht erfüllt werden, wenn 
er ein solches nichtsnuhiges Spiel sieht!. So gesteht iest der „Constitution= 
nel“ selbst ein, daß es sich bei der jepigen Phase der französischen Politik 
keineewegs um echt confervative, sondern nur um dynastische Interessen han- 
delt, das der am 16. Mai begonnene Feldzug gegen den Radikalismus nur 
ein Vorwand ist, um die Republik zu vernichten. Dasselbe Stück wurde be- 
Wr Lchon einmal in Scene gesetzt. Wie jebt, so erklärten schon am 
873 die Anstifter des Complotts, daß „die Form der Regierung 
*“ 4 ig e stehe“, sondern es sich nur um die Entfernung von Ministern 
handle, „die Den conservativen Interessen licht die Garantien böten, welche 
man mit Recht von ihnen fordern könne.“ Aber am 5. August reiste der 
Graf von Paris nach Frohsdorf, um sich dem legitimen Haupte des Hauses 
Frankreich zu unterwer en, eine Deputation der Afsemblee folgte bald nach, 
und wenn im Oktober desselben Jahres die Erbmonarchie nicht wieder her- 
Frelt wurde, so lag die Schuld nur an einem Gewissensscrupel des Grafen 
hambord in Bezug auf die Farbe der Fahne. 
8. Juli. Das republikanische Rechts-Comitc, das inzwischen 
auch eine ganze Reihe von Filialen in der Provinz in's Leben ge- 
rufen hat, um der Regierung in ihren kleinen Maßregeln und Chi- 
canen überall auf dem Boden des Gesetzes und mit der Autorität 
der angesehensten Juristen des Landes entgegenzutreten, veröffentlicht 
ihr erstes Rechtsgutachten (nach und nach erscheint eine Reihe solcher 
Rechtsgutachten) 
dahin, daß ein Präfect einen Mißbrauch seiner Amtsgewalt begehe, 
wenn er einem fliegenden Buchhändler den Vertrieb gewisser Heiangen ver- 
biete oder nur unter der Bedingung, daß er sch bes Handels mit gewissen 
Zeitungen enthielte, die Concession ertheile oder belasse. Das von einer sol- 
chen Maßregel betroffene Blatt könne den Präfecten entweder wegen Miß- 
brauches der Amtsgewalt beim Verwaltungsgerichtshof oder auf Schadenersatz 
bei den ordentlichen Gerichten belangen und dasfele echt stehe den in ihrem 
Gewerbe hberimerhchigten fliegenden Buchhändlern zu. 
9. Juli. Der Arbeitsminister erläßt an die Direktionen der 
Eisenbahngesellschaften ein Rundschreiben, worin er erklärt,
	        
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