Rutlan). (März 1—23.) 381
1. Märg. Zwischen Serbien und der Pforte wird unter Ver-
mittlung der Mächte der Friede unterzeichnet. Rußland ist damit
keineswegs einverstanden. Die in serbische Dienste getretenen zahl-
reichen russischen Freiwilligen werden nach Rußland zurückkehren.
Anf. März. Weitere militärische Maßregeln: Eine kais. Ver-
ordnung befiehlt, die in den Militärbezirken von St. Petersburg,
Wilna, Warschau und Moskau dislocirten Truppen in 1 Grenadier-
und 8 Linien-Armeecorps zu organisiren. 7 dieser neuen Armeecorps
verbleiben vorläufig in ihren bisherigen Standorten, erhalten jedoch
Befehl, alle ihre Urlauber und Reservisten aufgufordern, sich jeden
Augenblick auf die Einrückungs-Ordre gefaßt zu machen. 2 Armee-
corps dagegen, das 13. und 14., werden schon jetzt mobilisirt und
als Reserve der Südarmee nach dem Militärbezirk von Kiew vor-
geschoben.
Anf. Märg. Die Regierung läßt ihren Vertretern bei den
Großmächten neue Weisungen über ihre Anschauungen der Sachlage
zugehen, deren Grundzüge folgende sind:
Entweder erachten die Pariser Traktatmächte und zwar speziell Eng-
land, den Pariser Vertrag von 1856 trotz der Zurückweisung der Conferenz-
beschlüsse Seitens der Pforte noch für giltig, oder Rußland sieht auch die
aus dem Vertrag für die Türkei sich ergebenden Rechte als erloschen an.
Im ersten Falle beansprucht Rußland, daß die Traktatmächte gemeinsam auf
die volle Annahme der auf der Vorconferenz in Konstantinopel gejaßten Be-
schlüsse in ihrer ursprünglichen Form Seitens der Pforte hinwirken sollen.
Dadurch wäre auch Rußland die vollständige Möglichkeit geboten, jede krie-
gerische Verwickelung zu vermeiden. In der ferneren Unthätigkeit der Pariser
Traktatmächte müßte dagegen Rußland eine Verzichtleistung derselben auf die
darin enthalteuen Verpflichtungen der Türkei, sowie auf die daraus hervor-
gehenden Rechte der Türkei erblicken. In diesem Falle würde demgemäß
Rußland auch den Pariser Vertrag in allen Rußland angehenden Punkten
für null und nichtig erklären und sich selbständige Schritte vorbehalten.
6. März. Der russische Botschafter in London, Graf Schu-
waloff, geht zu einer Conferenz mit Ignatieff nach Paris.
11. März. Rußland schlägt England die Unterzeichnung eines
Protokolls Seitens sämmtlicher Großmächte bez. der orientalischen
Frage vor und zwar in London.
15. März. Ignatieff geht in der Protokollfrage von Paris
nach London ab. England ist zur Unterzeichnung eines Protokolls
geneigt, verlangt aber in dem russischen Entwurfe mehrfache Aende-
rungen. Ueber diese wird nunmehr unterhandelt.
23. März. Ignatieff kehrt von London nach Paris zurück
und geht von da nach Wien und von dort wieder nach Berlin.