H beische Reich und seine einzel#en Slieder. (Märgz 6.) 63
herbeiführen zu helfen. Sie verpflichtet ihre Mitglieder, den katholischen
Grundsätzen, wie sie von dem obersten Lehrer der Wahrheit, dem Papste,
gelehrt werden, im öffentlichen Leben bei jeder Gelegenheit offen und ent-
schieden Ausdruck zu geben und nach Kräften Geltung zu verschaffen. —
II. Weiters nimmt die kathol. Volkspartei in ihr Programm auf: Wahrung,
Förderung und Kräftigung des föderativen Prinzips in Deutschland, Er-
haltung, Vertheidigung und Stärkung der verfassungsmäßigen Selbständigkeit
Bayerns und demnach entschiedenen Widerstand gegen jeden Eingriff in die
bayerischen Reservatrechte, Opposition gegen jedes über die strikten Bestimm-
ungen der Versailler Verträge hinausgehende Ministerium; bürgerliche und
religiöse Freiheit auf verfassungomäßiger Grundlage, verfassungsmäßige Ga-
rantieen für dieselbe, Beseitigung jeder staatlichen Bevormundung gegenüber
der Kirche, der kirchlichen Institute und Körperschaften, sowie freie Bewegung
und Bethätigung des kirchlichen Lebeno überhaupt. Sie stellt sich hiebei auf
den durch das Concordat vom 5. Juni 1807 und durch das Tegernsee'r Königs-
wort vom 15. September 1821 präcifirten Rechtsboden kirchlichen Lebens.
Dieses Königswort garantirt Gewissensfreiheit auf Grundlage der göttlichen
Gesege, und der latholischen Kirchensatzungen, die Selbständigkeit und volle
Freiheit der Kirche in Schaffung und keitung ihrer religibsen Erziehungs=
und Wohrthetigkeits. Anstalten, sowie in Verwaltung ihres Vermögens, freies
Associationsrecht der durch die kirchlichen Behörden genehmigten religiösen
Orden und Corporationen. Auf dem Gebiete des Unterrichts und der Erzichung
verlangt die katholische Volkspartei Wahrung des natürlichen Rechts der Eltern
auf die Bestimmung des Unterrichts und der Erziehung ihrer Kinder nach
kirchlichen, religiösen Grundsätzen, Beseitigung des staatlichen Schulzwangs
und volle Unterrichtsfreiheit, geseyliche Sicherheit der Person und des Eigen-
thums gegen polizeiliche und staatliche Willkür, freies Vereins= und Versamm-
lungsrecht, volle Freiheit der Presse, allgemeines direktes Wahlrecht mit wirk-
lich geheimer Abstimmung und nach gerechten Grundsätzen; gesetzlich festgestellte
Wahlkreise, auch für den bayerischen Landtag, entschiedenen Kampf gegen den
Militarismus, wenn auch vorerst ein Erfolg nicht in Aussicht steht, und den
Volkeinteressen entsprechende Aenderung des Wehrsystems, wodurch allein die
unabweisbare Minderung des Militärbudgets zu ermöglichen ist. — Die ka-
tholische Volkspartei verlangt Minderung der Steuern und Volkslasten
in Staat, Kreis und Gemeinde, gründliche und baldige Resorm der Besteue-
rung, gleichmäßige Vertheilung der Steuern und durchgreifende Heranziehung.
des Großkapitals zur Besteuerung, Aufhevung der Wucherfreiheit und Wieder-
einführung zweckdienlicher Gejeze gegen den Wucher, sowie zur möglichsten
Verhinderung der gewerbsmäßigen Güterzertrümmerung, Reform der Gewerbe-
gesetzgebung, den wirklichen Verhältnissen und Bedürsnifen entsprechende Re-
gulirung der gewerblichen Freiheit und Freizügigkeit, Abschaffung des Hausir-
handels und der Wanderlager, Revision der Gesetze über Angossigannchung und
Verehelichung, gesetzliche Freiheit der Arbeiterassociationen, möglichste Förde-
rung von den veränderten gewerblichen Verhältnissen sich aupassenden Arbeiter-
corporationen, staatlichen Schutz der Arbeiter insbesondere gegen Ausbeutung
von Seite der Arbeitgeber, den besonderen Verhältnissen entsprechende Regelung
der Arbeitszeit, Beschränkung der Frauen= und Verbot der Kinderarbeit, staat-
liche Beaufsichtigung der Arbeitslocale, Abschaffung der Sonntagsarbeit, Schaf-
fung eines Arbeiterrechtes, eine zeitgemäße Handwerkerordnung (Gewerbeord-
nung), Schutz des Handwerks einerseits gegen die Tyrannei des Kapitalismus,
andrerseits gegen Pfuscherei, Regelung und Förderung des Lehrlings= und
Gesellenwesens, Schiedsgerichte zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer, eine die corporative Selbständigkeit der Ge-
meinde durchführende Revision der Gemeindeordnung, Erweiterung der Selbst-