Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

80 Dos dbe#ische Krich und seine einzelurn Glieder. (März 19—22.) 
19. März. (Deutsches Reich.) Reichstag: Der sechsische 
Minister Abeken lehnt auf die Anfrage Frankenburger's, ob Sachsen 
sein Oberappellationsgericht beihehalte, falls das Reichsgericht nach 
Leipzig verlegt werde, eine definitive Antwort ab, da der sachzsische 
Landtag mitzusprechen habe.— Der Abg. Kryger (Hadersleben), unter- 
stützt von einigen Polen und mehreren der clericalen und der Protesi- 
partei Elsaß-Lothringens angehörenden Abgeordneten, bringt seinen 
bekannten Antrag auf baldige Verwirklichung des durch § 5 des 
Prager Friedens den nördlichen Distrikten Schleswigs gewährten 
Rechts der freien Abstimmung über die staatsrechtliche Angehörigkeit 
derselben wieder ein. Die autonomislischen elfaß-lothringischen Abge- 
ordneten unterzeichnen den Antrag nicht. — Die Fraction der National- 
liberalen beschließt in Folge der Debatte vom 13. ds. Mts., beim 
Reichstage einen Geseßentwurf (Nothgesetz) hinsichtlich des Zeugniß- 
zwanges einzubringen, wonach die Bestimmungen der Reichsstraf- 
prozeßordnung über den Zengnißzwang sofort in Kraft treten und 
dieselben auch auf Disciplinar-Untersuchungen ausgedehnt werden 
sollen. 
20. März. (Deutsches Reich.) Reichstag: zweite Lesung 
des Gesetzentwurfs betr. die Landesgesetzgebung von Elsaß-Lothringen. 
Der Entwurf wird von den elsässischen Ultramontanen und der el- 
sässischen Protestpartei als nicht genügend bekämpft, schließlich aber 
mit großer Mehrheit angenommen nebst einem Zusatze Hänel's, wo- 
nach die für das Reichsland auf dem Wege der Reichsgesetzgebung 
erlassenen Gesetze nur auf dem nämlichen Wege wieder aufgehoben 
und abgeändert werden dürfen und die Rechnungen über den Lan- 
deshaushalt dem Landesausschusse zur Entlastung vorzulegen sind. 
21. März. (Deutsches Reich.) Reichstag: zweite Lesung des 
Gesetzentwurfes über den Sitz des Reichsgerichts. Der Unterstaats- 
sekretär im Justizamte v. Friedberg, Gneist u. A. sprechen sich sehr 
nachdrücklich gegen Leipzig und für Verlin aus. Ihr Antrag wird 
jedoch mit 213 gegen 142 Stimmen abgelehnt und Leipzig zum Sitz 
des Reichsgerichts bestimmt, jedoch mit dem Zusatze, daß Sachsen 
dafür auf die Beibehaltung eines obersten Landesgerichtes verzich- 
ten müsse. 
22. März. (Deutsches Reich.) Der Geburtstag des Kaisers 
wird sowohl in Berlin als in einer Reihe von Städten außerhalb 
Preußens festlicher als je begangen. Eine Reihe kleinerer deutscher 
Fürsten findet sich dazu persönlich ein, Bayern schickt den Prinzen
	        
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