Das deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dec. 22—28.) 215
und eine Uebereinstimmung erzielt unter sich und materiell auch mit
der Regierung, obgleich die letztere formell ihre Zustimmung erst nach Ein-
holung der königl. Genehmigung aussprechen kann. Für die Verhandlungen
in den beiden Kammern ist durch das glücklich erzielle Einverständniß der
Ausschüsse sehr viel Mühe und Zeit gespart. Bei der Zusammenjebung
namentlich des Ausschusses der Zweiten Rammer ist nicht zu erwarten, daß
die 25 Mitglieder des Plenums sich leicht zusammenfinden, um Amendements
zu beantragen und zur Verhandlung zu bringen. Nur das allgemeine
Disciplinargesetz dürfte Schwierigleilen machen; für diesen Fall ist indeß in
dem Vollzugsgesetz zur Strafprozeßordnung die Einschiebung eines besonderen
Abschnitts vorbehalten.
22. December. (Mecklenburg.) Schluß des Landtags in
Malchin. Von den Mitgliedern der Ritterschaft war derselbe nur
ungemein spärlich besucht und seine Thätigkeit erregte im Lande
selbst nicht das mindeste Interesse, außer dem Lande aber wo mög-
lich noch weniger. Die Verfassungsfrage wurde zwar dem Wunsche
der beiden Regierungen entsprechend einer Deputation überwiefen,
aber offenbar lediglich ut aliquid lecisse videnntur, zumal die Nitter-
schaft absichtlich 6 schroffe Feudal-Aristokraten und entschiedene Gegner
des constitutionellen Princips dazu gewählt hat.
24. December. (Deutsches Reich.) Ein Schreiben des
Papstes an den staatlich abgesetzten Erzbischof von Köln (s. unter
Rom) bezeugt zwar aufs nene den Wunsch des Papstes, zu einem
Ausgleich mit Deutschland zu kommen, entbehrt aber jeder positiven
Andeutung, daß die Curie geneigt sei, dem Staate wesentliche Con-
cessionen zu machen. Ohne solche ist aber ein Ausgleich von vorne-
herein geradezu unmöglich.
27. December. (Deutsches Reich.) Von der aus 15 Mit-
gliedern bestehenden Zolltarif-Commission sind 14 ernannt und fehlt
nur noch ein vom preußischen Handelsministerium zu ernennendes
Mitglied. Sämmtliche sind, mit Ausnahme von nur zweien (den
Bevollmächtigten der Hanfestädte und Mecklenburgs), ausgesprochene
Schutzzöllner. Zum Präsidenten wird der gewesene württembergische
Minister v. Varnbüler, ein entschiedener Schutzzöllner und einer der
thätigsten Führer der Schutzöollpartei, ernannt.
28. December. (Preußen.) Der „Reichsanzeiger“ verkündet
die versuchsweise Errichtung eines Eisenbahnrathes als wirthschaft-
lichen Beistandes der Centraleisenbahn-Verwaltung:
„Nachdem die königlichen Eisenbahn-Directionen zur Erhaltung und
Förderung einer lebendigeren Verbindung der Eisenbahn-Verwaltung mit Ver-
tretern der Eisenbahn-Verkehrsinteressen von dem Handelsminister angewiesen
worden sind, mit Delegirten der wirthschaftlichen Corporationen und Ver-