220 Die Otserreithith Ungarithe Monarchie. (Jan. 11—22.)
daß die ungarischen Minister in der immerhin international zu behandelnden
Ausgleichsfrage das Moglichste jür Ungarn geleistet haben, so wird doch im
politischen Leben das Urtheil über die handelnden Personen sich nach dem
Programme richten müssen, das dieselben für die eigene öffentliche Thätig-
keit aufgestellt haben. Und da ist allerdings die Anklage sowohl gegen die
ungarischen Minister, als auch gegen die Regierungspartei leicht zu erheben,
daß ihre Leistungen weit hinter ihrem Programm zurückgeblieben sind. Da
thut es wenig zur Sache, daß dieses Mißverhältniß von ihrem Willen, von
ihrer Macht Unabhängig sich darstellt: die Thatsache wirkt verstimmend, zer-
sebend, wie dieß der Zerfall der großen Regierungsparlei unleugbar darthut.
Immerhin ist bez. der Ausgleichsfrage bis Ende 1877 bereits Manches ge-
schehen. Indeß sind doch drei schwere Streitpunlte zwischen beiden Reichs-
hälften noch unerledigt: die Tariffrage, die 80 Millionen-Schuld und das
Qnotenverhältniß. Bezüglich der Tariffrage liegt die Sache so, daß der
ungarische Reichstag zwar die Finanzzölle angenommen, dagegen die Industrie-
schutzzölle verworfen, der österreichische Reichsrath dagegen umgekehrt diese
annimmt aber jene verwirit, während die Regierungen sich darüber verstän-
digt haben, die einen durch die andern zu compensiren. Begüglich der
80 Millionen-Schuld beharren die Ungarn zwar auf ihrem Nechtehtonndpunge
doch sind sie nicht ungeneigt, aus Billigkeitsrücksichten zu einer Verständigung
die Hand zu bielen. Endlich betr. des QOuotenverhältnisses wäre man beider-
seits geneigt, es diesbezüglich beim Alten bewenden zu lassen. Allein die
Ungarn lnüpfen hieran eine schwere Bediugung, indem sie die Restilution
der Ausfuhrzölle für Zucker begehren und bis zu einem gewissen Grade auch
rechtfertigen.
II. Jannar. (Ungarn: Croatien.) Rescript des Kaisers auf
die großcroatische Adresse des Agramer Landtags bez. Einverleibung
von Dalmatien und Fiume mit dem ungarischen Litorale und der
Militärgrenze. Die Antwort lautet begüglich aller drei Puncte ab-
schlägig und bedeutet eine völlige Niederlage der großcroatischen
Aspirationen der Südflaven, die von den russischen Siegen ganz be-
rauscht waren.
14. Januar. (Oesterreich: Tyrol.) Die Landesregierung
sieht sich genöthigt, gegenüber den von den Ultramontanen ins Werk
gesetzten Protestanten= und Schulhetze vier katholische Vereine auf-
zulösen.
18. Jannar. (Ungarn.) Der Serbenführer Dr. Milctic
wird vom ungarischen Gerichte zu 5jährigem Kerker verurtheilt,
weil er angeblich für eine Losreißung der serbischen Landestheile vom
ungarischen Staatsverbande agitirt habe.
20. Jannar. Beide Regierungen kommen überein, für die
von ihnen bez. des Ausgleichs getroffenen Vereinbarungen nöthigen-
falls mit Einsetzung ihres Portefeuilles ihren Parlamenten gegen-
über einzustehen.
22. Jannar. (Oesterreich.) Das Ministerium Auersperg
verlangl, um auf den Reichsrath, bez. Gewährung der für den Aus-