Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

Die ollomannische Pforir. (Jan. 31 — Anf. Febr.) 457 
von dem Großfürsten im Namen des Kaisers von Rußland vorgeschlagenen 
Grundlagen von den ottomannischen Bevollmächtigten angenommen worden 
waren, wurden dieselben nach einer gemeinsamen Uebereinstimmung wie folgt 
festgesetzt: 
8 1. Bulgarien wird in den durch die Majorität der bulgarischen 
Bevölkerung bestimmten Grenzen, die indeß lein geringeres Territorium um- 
fassen dürfen, als sie die Constanlinopeler Conferenz bezeichnete, als auto- 
nomes tributpflichtiges Fürstenthum mit einem nalionalcchristlichen Fürsten 
und einer eingeborenen Miliz constituirt. Die ottomannische Armee wird sich 
in Bulgarien nicht mehr aufhalten dürfen. 2. Die Unabhängigkeit Monte- 
negros wird anerkannt. Eine Vergrößerung seines Terriloriums, dem ent- 
sprechend, was das Waffenglück in jeine Hände gebracht hat, wird ihm * 
sichert. Die definitive Grenze wird nachträglich festgestellt werden. 3. Die 
Unabhängigkeit Rumäniens und Serbiens wird anerkannt. Dem ersteren 
wird eine genügende territoriale Entschädigung und dem letteren eine Grenz- 
berichtigung zugesichert. 4. Bosnien und die Herzegowina werden eine 
autonome Administration mit genügenden Garaulien erhalten. Analoge Re- 
formen werden in den anderen christlichen Provinzen der europäischen Türkei 
eingeführl. 5. Die Pforte verpflichtet sich, Rußland für die Kosten des 
Krieges und die Verluste, welche es erlitten, zu entschädigen. Die Art der 
Entschädigung, ob sie pecuniärer, terrilorialer oder anderer Nakur sei, wird 
nachträglich festgesezt werden. Se. Majestät der Sultan wird sich mit Sr. 
Majestät dem Kaiser von Rußland verständigen, um die Nechte und Inter- 
essen Rußlands in den Meerengen des Bosporus und der Dardanellen zu 
sichern. Zwischen den Bevollmächligten beider Regierungen werden im 
Hauptanartier des Großfürsten sogleich Verhandlungen beginnen, um die 
Friedens-Präliminarien festz usehen. Sobald diese Friedens segrundlagen und 
die Waffenstillstands-Convention unterzeichnet sein werden, werden die Feind- 
seligkeiten zwischen den Kriegführenden, einschließlich Numäniens, Serbiens 
und Montenegros, für die ganze Dauer der Friedensverhandlungen eingestellt. 
Die Obercommandanten. der beiden kriegführenden Armeen in Asien werden 
sogleich verständigt, um nnter sich zum Abschlusse eines Waffenstill= 
standes schreiten zu können, der den militärischen Operalionen ebenfalls ein 
Ende bereiten wird. — Die laiserlich oltomannische Regierung wird ihren 
Truppen den Befehl ertheilen, nach Unterzeichnung des zlsenishne 
die Festungen Widdin, Rustschuk und Silistria in Europa und jene vor 
Erzerum in Asien zu räumen. Auherdem werden die russischen Eruyen 
die Möglichkeit haben, während der Dauer der Verhandlungen gewisse in 
der Waffenstillstands-Convention näher bezeichnete Puncte auf dem Kriegs- 
theater militärisch zu besetzen.“ 
31. Januar. (Aegypten.) Der Khedive erläßt ein Decret, 
wonach wegen eines bedeutenden Deficits in den letzien Jahren eine 
Enquete-Commission zur Prüfung der Finanglage eingesetzt wird. 
Die bereits bestehende europäische Commission für die Casse der 
ösfentlichen Schuld weigert sich an dieser Enquete-Commission theil- 
zunehmen, weil sie glaubt, daß die ihrer Casse überwiesenen Ein- 
nahmen einer Prüfung durch die Enquete-Commission nicht unter- 
liegen. 
Anfang Februar. Entschiedener Umschwung der öffentlichen 
Meinung in England in antlirussischem Sinne (s. d.) 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.