Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

478 Die ollomannische Pforle. (Aug. 20—330.) 
20. August. (Aegypten.) Der englische Bevollmächtigte 
Wilson überreicht dem Khedive den Bericht der finanziellen Enquete- 
Commission. 
Durch die Beschlüsse dieser zur Untersuchung der Finandlage Aegyptens 
niedergesetzten Enqueke- Commission wird beslimmt: Es darf keine Erhebung 
von Stenern staltfinden, ohne ein von der legislativen Versammlung an- 
genommenes Gesetz, durch welches die von den Einheimischen und den Frem- 
den einzuziehenden Stenern festgestellt werden. Um den Defizits entgegenzu- 
treien, die in dem Ausbleiben der Nilüberschwemmung ihren Grund haben, 
wird ein Reservefonds gegründet. Die Steuererheber stehen unter dem Finanz- 
minister. Es sollen gerichtliche Institutionen für die Neclamanten in Steuer- 
angelegenheiten geschaffen werden, ferner eine Organisation, durch welche die 
Eingeborenen gegen die Mißbräuche der Behörden geschützt werden; eine Ne- 
vision der Grundstenern soll vorgenommen werden; der Urohndieuft“ wird ab- 
geschafft mit Aus znahme für die Arbeiten der Staatsbanten. Der Militär- 
dienst wird geregelt. Der Khedive wird zur Tilgung des Defizits seine 
sämmtlichen unbeweglichen Vesiyzthümer aller Daires bestimmen. Eine mit 
Vollmachten versehene Verwaltungscommission wird die Verwaltung dieser 
Güler übernehmen, dieselben verlaufen und den Erlös zur Tilgung des Te- 
sizits verwenden. 
— August. Die Russen sind eifrig bemüht, in Bulgarien ein 
sog. Volksheer zu schaffen, eine Art Milizheer auf Grund der all- 
gemeinen Wehrpflicht. Dasselbe soll auf 80,000 Mann gebracht 
werden. Offiziere und Unteroffiziere sind indeß meist Russen. 
24. August. (Aegypten.) Der Khedive gesteht die For- 
derung der finanziellen Enquete-Commission, welche die Rückerstattung 
aller Güter des Khedive an den Slaat verlangt, zu, ernennt Nubar 
Pascha nach dem Willen Englands und Frankreichs zum Minister- 
präsidenten und ist bereit, den Engländer Wilson zum Finanzminister 
anzunehmen, um die in Aussicht gestellten Reformen durchzuführen. 
27. Angust. Der englische Botschafter Layard überreicht dem 
Sultan das Reformproject seiner Regierung für Kleinasien, Syrien 
und Mesopotamien. Der Sultan ist nicht ungeneigt, darauf ein- 
zugehen, doch will er nicht die Ausführung, sondern bloß die (er- 
fahrungsgemäß rein illusorische) Ueberwachung der Reformen euro- 
päischen Beamten zugestehen und verlangt als Vedingung von 
England in erster Linie die Garantie einer Anleihe, ohne welche die 
Durchführung von Reformen unmöglich sei. Diese Anleihe ist ihm 
offenbar die Hauptfache, England hat jedoch seinerfeits dazu ganz 
und gar keine Lust. 
29. August. Mukhtar Pascha wird als außerordentlicher 
Commissär nach Kreta geschickt. 
30. August. Midhat Pascha erhält die Erlaubniß zur Rück-
	        
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