226 Das dbeulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Ende Aug. — Anf. Sept.)
wohl richtig: „Der Plau, Preußen mit den extremen Kirchenparteien der
Ultramontanen und Orthodoxen zu regieren, ist schon gescheilert, ehe er ins
Werk gesetzt werden konnte — gescheitert an der Mahlosigkeit dieser Par#-
teien und an dem inneren Widershrch beider Nichtungen mit dem modernen
Staat.“
— August. (Preußen.) Der wichtigste Gegenstand der Ver-
handlungen des nächsten preußischen Landtags wird, außer dem
Budget, der von der Regierung in Angriff genommene Ankauf einer
Reihe der größten Privateisenbahnen sein. Die Regierung hat mit
denselben in den letzten Monaten bereits Kaufverträge abgeschlossen,
die jedoch von den resp. Generalversammlungen noch nicht genehmigt
sind. Die Tragweite des Plaus der Regierung geht inzwischen aus
folgenden Daten hervor:
Nach der im Ministerium ausgestellten neuesten Einnahme-Tabelle des
„Reichs-Anzeigers“ setzte sich Ende Juli das preußische Eisenbahnnet, wie
folgt, zusammen: Staatsbahnen 6099 Kil., Privakbahnen unter Staatsver-
waltung 3990 Kil., unter Privatverwaltung 9763 Kil., zusammen 19,853
Kil. Von den leßteren fallen auf diejenigen Bahnen, welche der Staal er-
werben will (incl. Hannover-Altenbeken), 5009 Kil. Es würden also, wenn
die bestehenden Pläne realisirt werden, künftig im Staatsbesitz sein, resp.
unter Staatsverwaltung stehen 15,099 Kil. oder 76,, Proc aller preußischen
Eisenbahnen. Bezüglich der sinenzielen Seite der Frage repräsentiren die
unter Staatsverwaltung stehenden 3990 Kil. Privatbahnen ein verwendetes
Anlagekapital von 1.044.011 659 /4, die z. Z. noch unter Privatyerwaltung
stehenden 5009 Kil. Privatbahnen, deren Ankauf resp. Betriebsübernahme
duch den Staat beabsichtigt wird, ein verwendetes Anlagekopital von
10. 011 , )J-L4crvomStaatommthanjprctsbriqu4409 z
d diese Summe soll durch Ausgabe von Consols aufgebracht 4 Das
Verhälluäß der Prioritätsanleihen soll, so viel man weiß, nicht verändert
werden. Ein Theil derselben ist mit einer vollen oder theilweisen Staats-
garantie ausgestaltet. Die gesammte von dem Staate außer dem Kaufpreise
zu übernehmende Schuld der genannten Eisenbahnen an Prioritälsobligationen
beträgt über eine Milliarde; das Schuldenconlo des Staates würde mithin
durch die Nealisirung, der Ankaufsprojecie mit ungefähr 1800 Mill. —¾ be-
lastet werden. Für die diesem Betrag entsprechend höhere Verzinsung der
Staatsschulden wißte bei mangelhafter Rentabilität der Staatsbahnen vor-
übergehend oder dauernd die Steuerkraft des Landes in Anspruch genommen
werden. So viel ist Indd jetzt schon klar, daß der Staat, wenn die An-
kanfsprojecte ausgeführt werden, ein zusammenhängendes, den Verkehr be-
herrschendes Netz erwirbt, während die im Privatbelite bleibenden Bahnen
nur theilweise einen Zusammenhang haben werden. Die Selbsländigkeit der
leyzteren wird dann mehr Form als Thatsache sein.
Anfang September. (Preußen.) Der neue Cultusminister
v. Puttkamer anerkennt in feiner Antwort auf eine Eingabe der
Münste sühen Conferenz des katholischen Clerus v. 13. v. M.,
r Staat als rechtlicher Träger der Leitung und Beaufsichtigung
des Aesbohe Unterrichtswesens und die Kirche, die evangelische wie die
katholisch v0 als christliche Heilsanstalt ein durch gemeinsame Arbeit auf dem
Gebiete der Schule zu bethätigendes gleiches Interesse haben, lehnt aber das