Da denische Reich und seine rinzelnen Glieder. (Oct. 1.) 237
Beaufsichtigung Seitens des Reiches unterliegen soll Damit waren alle Hin-
dernisse, welche einer gemeinsamen deutschen Gesegebung entgegenstanden, be-
seitigt. Mit rastloser Thätigkeit gingen die verbündeten Regierungen und
der deutsche Reichslag daran, dieses Ziel seiner Vollendung gutgegenyuführen.
Nicht ohne Kampf wurde es erreicht. Noch in der letzten Stunde drohte das
Werk an dem Widerstande des Jundesraths zu scheilern, als der Reichstag
in mehreren principiellen Fragen nachgab und hiedurch das Errungene sichertc
Am 7. Februar 1877 wurde die Gerichtsverfassung, am 19. die Civil= und
am 26. besselben Monats die Strafprozeßordnung publicirt, wozu später noch
die Concursordnung und verschiedene Nebengesetze zu obigen Procedurord-
nungen kamen. Mit Genugthuung schloß nach Annahme der Neichsiustiz-
geseße die Thronrede des deutschen Kaisers mit den denkwürdigen Worten:
urch die staltgehabte Verabschiedung der Justiggesehe ist die Sicherheit
gegeben, daß in naher Zukunft die Rechtspflege in ganz Deutschland nach
gleichen Normen gehandhabt, daß von allen deutschen Gerichten nach den-
6 Vorschriften verfahren werden wird. Wir sind dadurch dem Ziele der
nationalen Rechtseinheit wesentlich näher gerückt. Die gemeinsame Rechts-
entwicklung aber wird in der Nation das Bewußtsein der Zusammengehörig-
keit stärken und der politischen Einheit Deutschlands einen inneren Halt geben,
vie hu teine frühere Periode unserer Geschichte aufweist.“ Damit war aber
Werk noch nicht vollendet. Die Einzelstaaten mußten erst noch zu den
si n Ordnungen besondere Ausführungsgesetze erlassen, einestheils
um diejenigen Lücken auszufüllen, deren Ergänzung und Regelung ihnen vom
Reiche überlassen blieb, anderntheils um ihre von den Reichsjustizgesetzen nicht
berührten Rechts- Instiiutionen mit ersteren in Einklang zu bringen. Diese
Aufgabe war indeß keine leichte, verursachte vielmehr in einzelnen Staaten
die größten Schwierigkeiten, die jedoch schließlich, wie es scheint, zu allge-
meiner Zufriedenheit bewältigt wurden.
Die feierliche Eröffnung des Reichsgerichts leitet Staatssecretär
riedberg mit einer Ansprache ein, worin er betont, der heutige Tag sei die
pitze und Krönung des großen Justizreformwerkes, dankbarst des Reichs-
oberhandelsgerichts gedenkt und die Hoffnung ausspricht, das Reichsgericht werde
nicht nur der Erbe der Aufgabe des Reichs voberhandelsgrrichts, sondern auch
der Erbe dessen Nuhmes sein. Mit dem Tage giengen endlich die lang gehegten
Wünsche des deutschen Reiches nach einheitlicher Gerichtsverfassung in Er-
füllung und er hoffe, das Neichsgericht werde sich als starker Hort des dent-
schen Kcht- erweisen. Staatssecretär Friedberg nimmt hierauf die Ver-
eidigung des Präsidenten Simson und des Neichsoberanwalts Seckendorf vor,
worauf Simson die Näthe des Nei Hagerichts vereidigt. Präsident Simson
hebt in seiner Antwort hervor, mit der Einheit der Justiz werde neben der
Einheit des Heerwesens, der auswärtigen Beziehungen und des öffentlichen
Verkehrswesens der vierte Grundpfeiler der deutschen Einzeit. Kusgerichte.
Das Reichsgericht werde seine Aufgabe darin suchen, das Recht des Volkes
streng zu hüten und die mühevoll errungene Einheit des ederendes vor
jeder iBersplitterung zu bewahren. Hierauf erfolgt die Vereidigung der Reichs-
anwälte durch den Reichsoberanwalt und die Ansprache desselben, worauf
Justizrath Dorn Namens der Nechtsanwälte des Reichsgerichts dankt. Prä-
sident Simson schließt sodann die Feierlichkeit mit einem Hoch auf den Kaiser
und die mit ihm verbündeten deutschen Fürsten und freien Städte.
1. October. (Elsaß-Lothringen.) Mit diesem Tage tritt
die vom Reichstage beschlossene neue Venvaltung und Verfassung
für die Reichslande ins Leben. Durch dieselben wird die Verwaltung
von Berlin nach Straßburg verlegt und erhält das Land einen Ver-
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