266 Has deulsche Reich und seine rinzelnen Glieder. (Oct. 30—31.)
bahnen das volle Gewicht seines Staatsbahnbesihes schonend nicht empfinden
lassen, so würde das dorh auf die Tauer nicht zu halten sein, zumal wenn
man der von gegnerischen Stimmen wiederholt. verlangten Steigerung der
Erträge der Staatsbahnen nachgeben wollte. Die Steigerung der Ren-
tabilität durch eine Erhöhung der Tarise. zu ergielen, muh als
ausgeschlossen betrachtet werden. Dem jebigen unhallbaren Zustande
kräftig ein Ende zu wachen, ist ein von der Regierung wiederholt betontes
dringendes Interesse des Staates. Die Durchführung des Staatseisenbah.
systems kann süglich nicht durch die gleichzeitige Erwerbung aller zur Zeit
noch vorhandenen wichtigeren Privateisenbahnen erfolgen. Abgesehen von
dem Einfluß eines Gesammtankaufes auf den Staatscredit würde auch d
Cinverleibung eines jo ausgedehnten Complexes von Bahnen in die brliehende
Staatseisenbahnverwaltung eine sehr schwierig zu lösende Organisationsauf=
habe bedingen. Um die lUeberleitung der Privatverwaltung in die Staats-
verwaltung zu erleichtern und eine einheitliche Organisation der Gesammt=
heit der nereinigten Bahnen vorzubereiten, erscheint eine successive und plau-
mäßige Erwerbung der in Betracht kommenden einzelnen Privatbahnunter-
nehmungen geboten. Mit Rücksicht hierauf werden zunächst nur diesenigen
wichtigeren Unternehmungen zu erwerben sein, deren Linien besonders geeignet
sind, die Lücken des Staatseisenbahnnetzes zu ergänzen und eine ratkionelle
Verkehrs= und Betriebsleitung zu ermöglichen. Hierbei ist besonderes Ge-
wicht darauf zu legen, daß die Mittelpunkte der wichtigeren Verkehrsgebiete,
die Hauptsitze des Handels und der Industrie durch Staatsbahnlinien verbunden
werden, welche vermöge ihrer Lage und Leistungsfähigkeit dem Staate einen
bestimmenden Einfluß auf die Verkehrsleitung sichern. Die Verbindungen
der großen Seehandelsplähbe mit den Hauptproductions= und Consumtions=
bezirken, beziehungsweise mit den größeren Handelsplätzen des Binnenlandes,
sowie die Verbindungen dieser letteren unter einander müssen daher durch
Staatsbahnlinien vermittelt werden.“
30. October. (Preußen.) Generalfynode: beräth und be-
schließt über ein Kirchengesetz betr. die Trauordnung und über ein
weiteres Kirchengesetz betr. die Verletzung kirchlicher Pflichten in Bezug
auf Taufe, Confirmation und Tranung.
31. October. (Preußen.) Abg.-Haus: der Finanzminister
Bitter legt den Etat pro 1880/81 vor. Die Einnahmen desselben
betragen 720,712,391, die Ansgaben 726,319,741 4; letztere über-
steigen die ersteren um 5,607,350. Das Deficit im Extraordinarium
beträgt 42 Millionen. Der Minister knüpft daran eine allgemeine
Darlegung der Finanzlage des Landes.
Zunächst bedauert er die in obigen Zahlen zu Tage kretende Lage der
Finanzen, weist auf die bereits erfolgte Hebung von Arbeit und Industrie
hin und hofft auf baldige 6besserung. Freilich seien Ueberweisungen aus den
Reichseinnahmen zu erwarten. Gleichwohl sei an Steuererlasse nicht eher
heranzutreten, als bis das Giichgewih der Einnahmen und Ausgaben her-
estellt sei. Er stehe auf dem Standpunkte der alten preußischen Traditionen,
velche vor allem Ordnung und Sparsamkeit in den Finanzen erheischen, und
ei gegen jede Luxnsausgabe, obschon er keine Ausgabe verweigere, welche
ür das materielle Wohl und die Hebung des geistigen Lebens des Vater-
andes erforderlich sei. Die Finanzergebnisse des laufenden Jahres seien recht