278 Das dbeulsche Reich und seine einzeluen Glieder. (Nov. 11—13.)
des gegenwärtigen Hrn. Ministers wesenklich gerichtet, während große positive
Schöpfungen, abgesehen hievon, ihm nicht nachgerahmt werden können. In
dieser Richlung auf die Machtfrage triffi der Fürst Bismarck mit Hrn. May-
bach zusammen. Der Fehler des Füblen Bismarck ist, alle inneren Fragen,
ebenso wie die auswärtigen, in erster Reihe als Machtfragen anzusehen und
zu behandeln. In principiellen Conferenzen mit Judustriellen sucht man ein
Surrogat zu schaffen für die bisherigen Verwaltungsräthe. Aber der Ver-
waltungsrath der Privatbahn ist zugleich industrieller Sachverständiger und
verantwortlich und interessirt an der Eisenbahn. Was hat der Landeseisen-
bahn-Rath für einen Werkth? Der Minister erneunt ihn auf 2 Jahre, be-
stimmt Vorsitzenden, Tagesordnung, Neferenten und Correferenken und thut
schließlich doch, was er will. (Heiterkeit.) Der Hr. Minister sagt: er wolle
etwas schaffen, wie das Landesöconomie-Collegium für die Landwirthschaft.
Er scheint nicht zu wissen, daß hier auf allen Seiten die Vorstellungen über
die Bedentung des Landesöconomie-Collegiums nicht gerade groß sind. Dieser
Landeseisenbahn-Rath läßt sich auch wirksam nicht anders gestalten. Erhält
er beschließende Besugnisse, so wird er im Gegensat# zu uns und dem Mini-
sterium bei der Bedeutung der Staatseisenbahn die eigentlich stgalsleitende
Behörde. Wird der Landeseisenbahn-Rath vom Landtage gewählt, so tritt
eine noch über das parlamentarische Element hinausgehende Verwaltung durch
den Landtag ein und jedes Controlorgan fehlt. Bestummen aber Interessenten-
Körperschaften die Zusammensetzuug, so wird das eine Interessen- Wirthschaft
mit Interessenten-Coalitiouen, Ichlinmne noch als wir es im Reichstage jünnst
gente haben: Ebenlo wenig gebe ich auf die Mitwirkung des Landtages
estsetzung der Eisenbahn- Lach. Um solche Preise, die Leislung für
eine Geoleistung festzustellen, ist der Landtag nicht sachverständig, auch
wenn er mehr Handel und Gewerbtreibende in seiner Mitte zählte. Hr v.
Wedell sagt: daß bei dem gegenwärtigen System sich kein ens sichema machen
ließe; ich will überhaupt ein solches Tarifschema nicht. % gerühmten
gleichen- Tarife wirken in Wahrheit ungleich, weil die Verhältnisse ungleich
sind. Die stabilen Tarife sind in Wahrheit veränderlich, weil die Verhält-
nisse veränderlich sind. Der gleiche Tarif wird im Laufe der Zeit deßhalb
gerade ungleich. Hr. v. Nauchhaupt sagt: er unterschreibe wörtlich, was
Fürst Bismarck Lesagt habe, die Differentialtarife könnten durch einen vier-
fachen Zoll auf Getreide nicht ausgeglichen werden. Hr. v. „Mauchhaupt
weiß also nicht, daß sich diefe thatsächlichen Anführungen des Fürsten Bis-
marck inzwischen als vollständig unrichtig erwiesen haben. Die Verwaltung
kann die Wirkung eines Zolltarifs verschärfen, aber sie kann auch die Wirk-
ung eines gesetzlichen Zolltarifs neutralisiren, indem sie den Anslandstarif
noch niedriger stellt, als es das Eisenbahn= Juteees gestattet. Ist einmal
ein Minister einer anderen Ansicht, oder kehrt der Reichskanzler t seiner
früheren Ansicht zurück (Heiterkeit), so kann er Ihnen im Wege der Aus-
landstarise der Bahnen den schönen Zolltarif wider Ihren Willen wentrall=
siren. Der Ubg- v. Rauchhaupt möge nicht unvorsichtig sein, sich 4r bestimot
auf die Zollpolitik des Fürsten Bismarck zu verpflichten! Glau . B.
daß Fürst Bismarck jeht noch alles das für richtig hält, was er nige
Sommer über die östlerreichische Concurrenz gesagt hat? Mir will gerade
das Gegentheil scheinen. Da man aber Oesterreich keine Zollvergünstigung
gewähren kann, ohne sie nach dem Meistbegünstigungsvertrage auch Frankreich
zu geben, so sucht man nach den Andeutungen der bridelferligen Presse in
Oesterreich und Deutschland einen Ansgleich auf dem Gebiete der Auslandz-
tarife der Bahnen. Es ist dies der erste Fall, wo die auswärtige Politik
ihren Einfluß nicht bloß auf den Zolltarif, sondern auch auf die Eisenbahn=
Tarife ausübt, und dieß bringt mir ein neues Bedenken, der Regierung so