Franbreich. (März 7—15.) 401
gültig einschreiben. Damit hat die Verschmelzung der beiden Gruppen be-
gonnen, die aber schließlich doch nicht zu Stande kommt.
7. März. Kammer: Die Enquete-Commission über den Amts-
mißbrauch des Ministeriums vom 16. Mai vernimmt die Minister
Lepère und Le Royer. Diese erklären: das Cabinet beharre auf der
Zurückweisung der Versetzung der Minister vom 16. Mai in An-
klagestand. Die Commission beschließt jedoch mit 21 gegen 7 Stim-
men, die Versetzung derselben in Anklagestand vor dem Senat zu
befürworten. Aus den Acten der Untersuchung geht allerdings fast
unzweifelhaft hervor, daß die Minister Broglie, Fourtou rc. mit
einem Staatsstreiche umgingen und alle Einleitungen dazu getroffen
hatten, daß aber namentlich der Marschall Mac Mahon nicht der
Mann zu einem so verhängnißvollen Schritte war.
13. März. Kammer: Große Debatte über den Antrag der
Commission (Berichterstatter Brisson), die Minister vom 16. Mai
1877 in Anklagezustand zu versetzen. Die Regierung ist, um das
Land endlich zur Ruhe kommen zu lassen, entschieden dagegen und
stellt die Cabinetsfrage. Der Antrag wird mit 317 gegen 159
Stimmen, die von Dr. Clomenceau (äußerste Linke) beantragte ein-
fache Tagesordnung mit 225 gegen 187 Stimmen abgelehnt, die
von Rameau vorgeschlagene motivirte Tagesordnung, welche das
Verhalten der Minister vom 16. Mai brandmarkt, mit 240 gegen
154 Stimmen angenommen.
Die Tagesordnung Rameau lautet: „Die Abgeordneten= Kammer
constatirt, ehe sie zu ihrer Tagesordnung zurückkehrt, noch einmal, daß
Minister vom 17. Mai und vom 23. November 1877 durch ihr strasbares
Unternehmen gegen die Republik die Regierung, welcher sie dienten, ver-
rathen, die Gesetze und öffentliche Feibeiten mit Füßen getreten und, nach-
dem sie Frankreich bis an den Rand des Bürgerkriegs geführt, erst vor der
Entrüstung und der mannhaften Entschlossenheit des Landes Halt gemacht
haben. Allein überzeugt, daß der Mißeredit, in welchen sie jeht gefallen
find, der siegreichen Nepublik gestattet, sich bei der Verfolgung von Feinden,
die fortan mit Ohnmacht geschlagen sind, nicht länger aufzuhalten, und in
Erwägung, daß Frankreich, um den Schaden, den sie ihm zugefügt haben,
wieder gut zu machen, der Ruhe und Beschwichtigung bedarf, und daß für
das Parlament der Republik der Augenblick gekommen ist, sich ausschließlich
der Ausarbeilung der großen wirthschaftlichen, gewerblichen und finanziellen
Gesetze zu widmen, auf welche das Land dringt, und von denen es den Auf-
schwung seines Neicht hums and Wohlergehens erwartet, überläßt die Ab-
geordneten-Kammer die strafbaren Pläne und Handlungen der Minister vom
17. Mai und 23. November dem Urtheil des Gewissens der Nation und
fordert den Minister des Innern auf, diese Resolution in allen französischen
Gemeinden öffentlich auschlagen zu lassen.“
15. März. Kammer: die Regierung bringt zwei einschneidende
Gesetzentwürse, die vom Unterrichtsminister Jules Ferry ausgearbeitet
Schulthess, Gurop. Geschichtslalender. XX Bd. 26