Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zwanzigster Jahrgang. 1879. (20)

410 Franbreich. (Juni 14—30.) 
14. Juni. Senak: erklärt sich nunmehr doch mit 149 gegen 
130 Stimmen für die Rückkehr des Parlamentes nach Paris oder 
vielmehr für eine Revision des Art. 9 der Verfassung vom 25. Febr. 
1875 durch den Congreß. 
Debalte ist eine sehr erregte, doch des Senates würdige. Der 
Ministeel Waddington gibt Namens der Regierung die bündigste 
Versicherung ab, daß der Congreß sich ausschließlich mit der Nückkehr des 
Parlaments nach Paris zu beschäftigen haben werde, und weist hiemit den 
Einwand, mit welchem man besonders auf ängstliche Gemüther des Senats 
zu wirken suchte, Zurück: namlich, daß der Congreß, einmal zusammengetreten, 
in seiner sonveränen Machtvollkommenheit einen Truck auf die Regierung 
ausüben möchte, um auch noch in anderen Punkten die Verfassung zu re- 
vidiren. Stürmischen Beifall aber erntet Waddington, als er mit stolzem 
Selbstbewußtsein sich für die völlige Sicherheit der Kammern in Paris ver- 
bürgt, und der ihn ironisch unterbrechenden Rechten entgegenruft: „Oui, 
nous en repondons# 
16.—28. Juni. Kammer: Generaldebatte über den Gesetz- 
Enkwurf Ferry beg. des höhern Unterrichts. Commissionstericht 
Spuller's. Scandal Cassagnac. Der Uebergang zur Specialdebatte 
wird mit 366 gegen 150 Stimmen beschlossen. 
19. Juni. Beide Kammern treten als Congreß in gemein- 
schaftlicher Sitzung zusammen und beschließen nach dem Antrag der 
Regierung die Abschaffung des Art. 9 der Verfassung, der als Sitz 
der Regierung und beider Kammern Versfailles festsetzt, mit 549 
gegen 262 Stimmen. Die Debatte ist indeß eine ziemlich stürmische. 
21. Juni. Die Regierung legt beiden Kammern einen Gesetz- 
Entwurf vor, der Paris zum Site der Regierung und der beiden 
Kammern erklärt. 
26. Juni. Die Vonaparkisten begehen demonstrativ eine 
ziemlich großartige Leichenfeierlichkeit für den gefallenen kaiserlichen 
Prinzen. Die Regierung legt der Feier nichts in den Weg. 
30. Juni. Kammer: hat die Specialdebatte über den Gefetz- 
Entwurf Ferry bez. des höheren Unterrichts beendigt. Gambetta be- 
antragt, denselben für dringlich zu erklären, wodurch die zweite und 
dritte Lesung wegfallen. Die Kammer genehmigt den Antrag. Vor 
der schließlichen Abstimmung über die Vorlage als Ganzes kommt 
noch der Gegenentwurf Bardoux zur Abstimmung. Es ist derselbe 
Entwurf, den er vorlegte, als er Unterrichtsminister war: er gibt 
dem Staate das Recht die Universitätsgrade zu verleihen zurück, er- 
richtet Inspectionen für die freien (katholischen) Universitäten, beläßt 
aber den Jesuiten und den übrigen nicht ermächtigten Congregationen
	        
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