448 Die Schtij. (Febr. 8 — Marz 4.)
8. Februar. (Solothurn.) In erstmaliger Anwendung des
(vom römischen Stuhle verdammten) Gesehes betr. die sechsjährige
Erneuerungswahl der katholischen Geistlichen durch die Gemeinden
findet in 34 Gemeinden diese Neuwahl der Ortspfarrer slatt.
In einer Collectiveingabe an das Cultusdepartement hatte sich jeder
der bisherigen Amtsinhaber auf seine Pfarrstelle anschreiben lassen. In
diesem Actenstück erklären sie, daß sie nach dem früheren Pfarrwahlgesetz auf
Lebenszeit als Pfarrer gewählt und als solche vom bischöflichen Ordinariate
instituirt worden sind, daß sie aber auch, immerhin ohne das Recht auf ihre
Pfründe preiszugeben, so weit möglich den Staatsgesetzen genügen wollen.
Fast allenthalben werden denn auch die bisherigen Geistlichen theils ein-
stimmig, theils mit großer Mehrheit wieder bestätigt. Auch der christkatho-
lische Pfarrer in Starrkirch-Dulliken wird von den Angehörigen seiner Con-
fession fast einstimmig wieder gewählt; seine römisch-katholischen Gegner er-
nenmen den seitherigen Vicar zum Pfarrer; gemäß der Stimmenzahl halten
sich hier die beiden Religionsparteien so ziemlich das Gleichgewicht. Nur in
Fwei Gemeinden kommt die Wahl nicht zu Stande. Im Ganzen vollzieht
sich der Wahlakt in aller Ruhe, ohne etwelche Agitation.
15. Februar. (Tessin.) Großer Rath: genehmigt mit 62
gegen 7 Stimmen ein ziemlich künstliches neues Wahlgesetz, das dazu
bestimmt ist, der z. Z. herrschenden ultramontanen Partei auch für
die Zukunft die Majorität im Großen Rathe zu sichern. Die Gegner
wenden sich dagegen beschwerend an den Bundesrath.
19. Februar. (Zürich.) Kantonsrath: lehnt nach lebhafter
Debatte das sozialistische Initiativbegehren betr. Uebernahme des
Getreidehandels durch den Staat mit 132 gegen 5 Stimmen ab
und beschließt, den Antrag für die Volksabstimmung gleichfalls ab-
lehnend zu begutachten, immerhin vorbehaltlich der staatlichen Maß-
nahmen bei außerordentlichen Nothständen.
4. März. Zwischen Delegirten der Gotthardbahngesellschaft
und der Discontogefellschaft, der Bank für Handel und Industrie
und S. Bleichröder in Berlin kommt ein Vertrag betr. die Ein-
zahlung der vierten Rate des Actienkapitals und die Abnahme von
6 Mill. Fr. Obligationen I. Hypothek auf die Gotthardbahn unter
Ratificationsvorbehalt zu Stande.
Das Consortium genannter Banksirmen garantirt der Gotthardbahn=
gesellschaft die vollständige Einzahlung der vierten Rate des Actienkapitals
geen eine Pauschalsumme von Fr. 250,000 oder 2 % auf den 25,000 Stück
tien, welche am 25. Februar noch nicht einbezahlt waren. Dasselbe über-
nimmt sodann die 6 Mill. Fr. Obligationen I. Hypothek, welche die Gott-
hardtbahngesellschaft noch zu placiren hat, zum Minimalkurse von 60 %
und vergütet der Gesellschaft überdieß drei Viertheile des Mehrerlöses frag-
licher Obligationen über 63 %/%. Wenn von jedem Mehrerlös auf diesen
6 Mill. abgesehen wird, so beträgt der Durchschnittspreis der 32 Mill. Fr.
Obligationen, welche die Gotthardbahngesellschaft nach dem Luzerner Pro-
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