PLie Schweiz. (Mai 18 — Juni 5.) 453
18. Mai. (Neuenburg.) Das Volk des Kantons beschließt
in allgemeiner Abstimmung, das Referendum in die Kantonsverfassung
einzuführen.
(Genf.) Das Volk genehmigt in allgemeiner Abstimmung
das Gesetz betr. die Einführung des Referendums mit 8667 gegen
2441 Stimmen und das Gesetz betr. die (24 statt blos 3) Abstim-
mungsorte mit 6165 gegen 4931 Stimmen.
Merkwürdigerweise sind in Neuenburg wie in Genf nicht die Ra-
dicalen, welche sich doch sonst in allen Dingen für die Verlrier des Fort-
schritts halten, die Verfechter des Referendums, sondern die Liberalen und
Conservativen. Freilich wird durch bies Niederlage die Herrschaft der Ra-
dicalen in Neuenburg in keiner Weise erschüttert werden, da das Volk bisher
mit ihrer Leitung der öffentlichen Angelegenheiten zufrieden ist. Dagegen
ist in Genf mit dem neuen Gesetz, namentlich demjenigen über die Abstim-
mungsorte, der bisher gouvernementalen, radical-liberalen Partei so ziemlich
der Boden unter den Füßen weggegogen.
24. Mai. Die Diöcefanstände der Diöcese Bafel beschließen,
von ihren Beschlüssen vom 29. Januar 1873 (Amtsenthebung des
Bischofs Lachat) nicht abzugehen.
— Mai. (Wallis.) Die Regierung des Kantons hat mit
dem Bischof von Sitten als Bevollmächtigten des hl. Stuhles ein
Concordat abgeschlossen, durch welches das öffentliche und Privatrecht
des Kantons unter die Gebote der Kurie gebeugt werden soll.
Das Concordat enthält u. A. die Bestimmung, daß Besitzer von
frühern Kirchengütern, welche diefelben utglänbig vom Staate seiner Zeit
erworben haben, nunmehr 5 Proc. des Werthes ihrer Güter an die Kirche
zurückzugeben haben, felbstverständliche! ohne daß der Staat von dem bezoge-
nen Kaufpreis etwas zurückerstattet. Die Regierung hat das Concordat dem
Großen Rathe zur Ratification unterbreitet und dieser hat bereits in Sachen
eine Commission niedergesetzt. Voraussichtlich werden jedoch die Bundes-
behörden auch ein Wort dazu sprechen.
2. Juni. Eröffnung der Bundesversammlung und Wahl der
Präsidenten beider Räthe.
Im Nationalrath drückt Präsident Römer sein Bedauern aus über
die Wiedergestattung der Todesstrafe und knüpft daran die Mahnung zu re-
publikanischer Unterordnung unter den Willen der Mehrheit. Im Stände-
vath spricht Präsident Gengel die Hoffnung auf einstige gänzliche Abschaffung
der Todesstrafe und Einf hran der Rechtseinheit aus. zu Nationalrath
wird Kuenzli (Aargan), liberal, mit 80 von 93 Stimmen zum Präsidenten,
Burkhardt (Basel), liberal, mit 51 von 98 Stimmen zum Vicepräsidenten
gewählt (Wek, clerical, erhält 46). Der Ständerath wählt den bisherigen
Vircepräsidenten Stehlin (Basel), conservativ, mit 36 von 40 Stimmen zum
Präsidenten, Sahli (Bern, bberu, mit 20 Stimmen zum Vicepräsidenten
(Hettlinger, clerical, erhält 18
5. Juni. Ersianununng der christkatholischen Nationalsynode